Abkehr vom Green Deal in der Landwirtschaft
- Ludwig Hintjens
- 19. Feb.
- 2 Min. Lesezeit
Der neue Agrarkommissar Christophe Hansen legt mit seiner Vision für die Branche sein Regierungsprogramm vor: Weniger Zwang und mehr Anreize

Die EU-Landwirtschaftspolitik soll weniger ideologisch werden. Die Bauern sollen etwa künftig weniger dazu gezwungen werden, bestimmte Methoden anzuwenden. Landwirtschaftskommissar Christophe Hansen setzt vielmehr darauf, Vertrauen aufzubauen, und den Dialog zu fördern. Diesen Eindruck hinterlässt die „Vision für Landwirtschaft und Ernährung“, die der Luxemburger, der selbst auf einem Bauernhof groß geworden ist, jetzt vorgestellt hat.
Das 28 Seiten umfassende Dokument markiert den Bruch mit der Landwirtschaftspolitik im ersten Mandat von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen. In der ersten Amtszeit hatte Frans Timmermans, ihr Vize, dafür gesorgt, dass der Green Deal die Richtschnur war für sämtliche Vorschläge in der Landwirtschaft. In der „Farm-to-Fork“-Strategie wurden Bauern und Verbrauchern recht konkrete Vorgaben gemacht, wie die einen zu wirtschaften und wie die anderen sich zu ernähren haben. So wurde etwa festgelegt, dass bis 2030 ein Viertel der landwirtschaftlichen Nutzfläche in der EU nach ökologischen Methoden bearbeitet werden soll. Damit ist jetzt Schluss.
Bezeichnend ist, dass die Strategie „Vom Erzeuger auf den Teller“ in Hansens Vision nicht einmal mehr erwähnt wird. Das Ziel 25 Prozent Biobewirtschaftung der Höfe bis 2030 ist ohnehin nicht mehr zu schaffen. Es wurde ohne nähere Erklärung mit dem neuen Papier kassiert. Die Kommission hatte auch eine Lebensmittelkennzeichnung angekündigt, um das Essverhalten der 450 Millionen Europäer gesünder und klimagerechter zu machen. Dazu ist es nie gekommen. Jetzt ist davon gar nicht mehr die Rede. Timmermans wollte den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln drastisch reduzieren. Das Vorhaben ist dramatisch gescheitert. Schon in den ersten Wochen Amtszeit der neuen Kommission fiel auf, dass von einem zweiten Anlauf bei der Pestizidregulierung keine Rede mehr war. Nun ist es amtlich: Die Kommission will in diesem Mandat den Bauern keine neuen Vorschriften für den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln machen. Stattdessen sollen die Zulassungsverfahren für Biopestizide beschleunigt werden.
Unterwerfung der Agrarpolitik unter die Ziele von Klima- und Artenschutz ist Geschichte
Hansens Vision auf die Landwirtschaft bis 2040 enthält so gut wie keine konkreten Ankündigungen. Aussagekraft bekommt das Papier vor allem, wenn es mit den programmatischen Erklärungen der letzten Wahlperiode verglichen wird, und über die Projekte, die jetzt gar nicht mehr erwähnt werden. Zur nächsten Förderperiode der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) gibt es den Hinweis, dass die Direktzahlungen stärker zugeschnitten werden sollen auf Landwirte, die aktiv in der Lebensmittelproduktion sind. Degressive Zahlungen und Kappungen ab bestimmten Zahlbeträgen würden in Erwägung gezogen, heißt es weiter. Gegenüber dem Strategischen Dialog ist dies eine bemerkenswerte Abschwächung. Dabei war noch die Rede davon, dass Direktzahlungen künftig nur an wirklich bedürftige Bauern gehen sollten.
Unter dem Strich: Die Unterwerfung der europäischen Agrarpolitik unter die Ziele von Klima- und Artenschutz ist Geschichte. Christophe Hansen verfolgt eine Linie, die für Ernährungssicherheit, Sicherung der Einkommen für Landwirte und den Kampf gegen unfaire Handelspraktiken steht. Die Landwirte können mit diesem strategischen Schwenk gut leben.
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