Die beruflichen Perspektiven sind hervorragend. Trotzdem studieren immer weniger junge Leute das Fach Agrarwissenschaft. Dabei gibt es gute Beispiele dafür, wie man gezielt Nachwuchs gewinnen kann
Die staatliche Universität Hohenheim im Süden Stuttgarts gehört zu den Top-Einrichtungen im Land. Bei der Agrarwissenschaft führt sie laut aktuellem Ranking in Deutschland sogar das gesamte Feld an. Kein Wunder, dass man sich auf dem Campus rund um das ehrwürdige Schloss darum bemüht, Jugendliche für die Agrarforschung zu gewinnen.
Baden-Württemberg macht es der Fakultät Agrarwissenschaften mit ihren Instituten und Versuchsstationen aber auch leichter als andere Bundesländer. Denn im Südwesten der Republik kennt man in vielen Landkreisen noch das Agrarwissenschaftliche Gymnasium. Ein Schultyp, der junge Menschen, die sich für Agrarwirtschaft, Landwirtschaft, Gartenbau, Landbau, Weinbau oder die Forstwissenschaften interessieren, in drei Jahren zur Hochschulreife führt. Ein Agrarwissenschaftliches Gymnasium zum Beispiel mit dem Schwerpunkt Agrarbiologie bietet eine gute Möglichkeit, sich mit den biologischen Grundlagen des Lebens, der Ernährung, mit Tier- und Pflanzenkunde und der Umwelt auseinanderzusetzen.
Ob in Freiburg im Breisgau, Radolfzell am Bodensee oder Ettlingen bei Karlsruhe – an sechs Standorten in Baden-Württemberg existieren Schulen mit dieser speziellen Ausrichtung. Und die Idee, das Interesse für die Agrarwissenschaft und Agrarwirtschaft auf diesem Wege zu wecken und zu fördern, geht offensichtlich auf.
Als Schülerinnen und Schüler der sechs Agrarwissenschaftlichen Gymnasien kürzlich Ergebnisse einer ersten wissenschaftlichen Arbeit präsentierten, hörten auch Ministerialdirektorin Isabel Kling aus dem Ministerium für Ernährung, Ländlichen Raum und Verbraucherschutz und Staatssekretär Volker Schebesta vom Ministerium für Kultus, Jugend und Sport genau zu. Denn in der Universität Hohenheim, wo man den Nachwuchs schätzt, sprachen die Jugendlichen über Themen wie die Milchviehhaltung im Schwarzwald, Naturschutz und Weinbau am Kaiserstuhl oder die Zukunftschancen von Biogas als grüne Energie.
Entstanden waren diese und weitere Arbeiten in einem Seminarkurs zum Thema „Zukunftsfähige Gestaltung und Stärkung des Ländlichen Raumes“. Dass die erfolgreichen Schülerinnen und Schüler im Prunksaal des Schlosses Hohenheim ihre Urkunden erhielten, unterstrich noch einmal den VIP-Status der jungen Gäste. „Es sind Menschen wie diese, die wir für unsere Universität gewinnen wollen, um uns weiter an der Spitze der Agrarforschung zu behaupten“, erklärte in Stuttgart der Dekan der Fakultät Agrarwissenschaften, Prof. Dr. Ralf Vögele.
Was in Baden-Württemberg so gut funktioniert, gibt es nur noch in Niedersachsen, Sachsen und Schleswig-Holstein. Nur vier Bundesländer bieten das berufliche Gymnasium Agrarwirtschaft oder Agrarwissenschaft überhaupt an. In den anderen Ländern gibt es diese Möglichkeit der Spezialisierung nicht oder bloß auf dem Papier.
Dementsprechend sieht es an den Universitäten im Land aus. Raus aus der Schule, rein in die Forschung – das System klappt auf diesem Feld nicht. Im Wintersemester 2015/2016 waren 17.648 Studierende im Fach Agrarwissenschaft eingeschrieben. Im Wintersemester 2023/2024 waren es nur noch 14.625. Tendenz: fallend.
Wer stets über die Zukunft der Landwirtschaft und des Agrarsektors in Deutschland redet, darf den Aspekt der Forschung und wissenschaftlichen Arbeit nicht vergessen.
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