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AutorenbildFrank Polke

Das Dorf wartet weiter aufs Glasfaser

Immer mehr Menschen, ob alt oder jung, wollen aufs Land ziehen, dort arbeiten und leben. Eine der Voraussetzungen dafür ist aber ein leistungsfähiges Internet. Doch gerade daran mangelt es in vielen Regionen immer noch. Besonders schlecht ist die Versorgung mit Glasfaserkabeln in den kleinen Dörfern


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Foto: Thorsten Neuhaus

Die Chancen für eine Wiederbelebung des ländlichen Raumes wären da – aber es fehlt an der notwendigen Infrastruktur. Nur drei Prozent aller Dörfer sind in Deutschland vollständig ans moderne Glasfasernetz angeschlossen. Das ergab kürzlich eine Marktanalyse des Vergleichsportals Verivox. „Bisher sind wirklich nur 190 Dörfer komplett ans Glasfasernetz angeschlossen und verfügen so über eine schnelle Internetverbindung“, berichtete der zuständige Verivox-Telekommunikationsexperte Jörg Schamberg in einem Interview mit den Zeitungen der Funke Mediengruppe.


Noch schlimmer: In sieben Flächenländern gibt es laut Analyse noch kein zu 100 Prozent mit Glasfaser ausgestattetes Dorf: in Brandenburg, Nordrhein-Westfalen, Bayern, Sachsen, Sachsen-Anhalt sowie Hessen und dem Saarland. Etwas besser sieht es im Norden des Landes aus: Die meisten vollversorgten Dörfer mit unter 3000 Einwohnern liegen den Angaben zufolge in Schleswig-Holstein (121), gefolgt von Niedersachsen (28) und Rheinland-Pfalz (20) im Südwesten der Republik. Datenbasis der Marktanalyse ist der aktuelle Breitbandatlas der Bundesnetzagentur.


Dabei wäre gerade der Anschluss des ländlichen Raums ans moderne Glasfaser ein wesentlicher Entscheidungsgrund dafür oder dagegen, ob und wann Menschen – im Arbeitsleben stehend oder als Pensionäre – aus der überfüllten Großstadt raus aufs Dorf ziehen würden. Mehr als ein Drittel der Bevölkerung hegt diesen Wunsch – aber nur dann, wenn man stabile Leitungen findet, die einem die Arbeit per Homeoffice ermöglichen oder den Online-Kontakt zu der Familie oder den Freunden beibehalten können. Auch der digitale Zugang zu Bildungseinrichtungen wie Schule, Volkshochschulen oder gar Hochschulen ist ein klares Argument, dass Menschen aus der teuren Stadt ins Umland ziehen würden oder eben nicht.


Der technische Vorteil von Internet über Glasfaserkabel liegt darin, dass es deutlich weniger anfällig für Störungen ist als die Kupferkabel. Die Up- und Downloadraten können so konstant aufrechterhalten werden. Doch davon ist Deutschland vor allem in der Fläche weit entfernt. Nicht nur die baltischen Länder (die Glasfaserversorgung im ländlichen Raum liegt dort bei über 69 Prozent), sondern auch unsere Nachbarländer wie Österreich oder Frankreich geben beim Ausbau mächtig Gas.


Die Ampelregierung in Berlin hatte im Koalitionsvertrag zwar das Ziel formuliert, Deutschland bis 2030 flächendeckend mit Glasfaser und dem neuesten Mobilfunkstandard zu erschließen. Klang gut, klappt aber offenbar nicht. Ein Vorhaben, das angesichts von drei Prozent Glasfaser auf dem Dorf nicht mehr zu erreichen sein wird. Denn auch bei der Versorgung mit Glasfaser hinken nicht nur die Dörfer hinterher, sondern es gibt erhebliche Unterschiede auch zwischen den Bundesländern: Während in der Großstadt Hamburg die Glasfaserversorgung bei zufriedenstellenden 68 Prozent liegt, müssen sich die Menschen im Saarland mit einem Anteil von 12,5 Prozent zufriedenstellen. „Oft konzentrieren sich die verfügbaren Anschlüsse noch auf Metropolregionen“, erklärte Verivox-Experte Schamberg. Der ländliche Raum ziehe nur langsam nach, obwohl der in puncto Bandbreite am meisten aufzuholen habe. Das ist ein klarer Standortnachteil zu Lasten des ländlichen Raumes.


Verbraucherschützer sind genervt – und machtlos


Zahlen, die auch Ramona Pop auf den Plan ruft: Die Vorständin der Bundesverbraucherzentrale fordert ebenfalls einen zügigen flächendeckenden Glasfaserausbau in den ländlichen Regionen. „Schnelles Internet ist kein Luxusgut, sondern eine Frage der Teilhabe – und die muss unabhängig vom Wohnsitz gewährleistet werden“, sagte Pop in einer Stellungnahme. Der Zugang zu schnellem Internet sollte im Jahr 2024 eine Selbstverständlichkeit sein. Die Wirklichkeit sieht anders aus, im Deutschland des Jahres 2024. Und diese verspielt aktuell viele Möglichkeiten für die Entwicklung und Wiederbelebung des ländlichen Raums in diesem Land.

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