Liebe Leserin, lieber Leser,
hinter uns liegt ein Weihnachtsfest mit verbreitet gemischten Gefühlen. Die schrecklichen Ereignisse von Magdeburg haben die Feiertage in vielen Köpfen und Herzen beeinträchtigt. Natürlich stellen sich aktuell viele berechtigte Fragen zu unserer und damit jedermanns Sicherheit. Direkt nach Neujahr beginnt dann der kurze Wahlkampf um die politische Führung in Deutschland. Dazu gibt es erste Ankündigungen zur Agrarpolitik. Aktuell gehen wir weiter noch auf ein Urteil zu einem alten Ärgernis ein. Das sind die Schäden, die Gänse bei Jagdverboten auf Weiden und Feldern während ihrer Rast in unseren Küstenregionen verursachen.
Der bevorstehende Jahreswechsel ist politisch geprägt von den aktuellen Fragen zu unserer Inneren Sicherheit. Und von dem, was wir von einem Wahlkampf zu ungewohnter Zeit zu erwarten haben. Dieses Thema wird in den nächsten Wochen eine besondere Rolle spielen.
Die Phase zwischen dem Bruch der Ampel-Koalition mit der dann erfolgten Vertrauensfrage des Bundeskanzlers verlief ohne weitere Überraschungen. Die ablehnende Antwort des Parlaments führt nun planmäßig zur Neuwahl am 23. Februar. Darauf bereiten sich die Parteien bereits intensiv vor. Zunächst war dann der Bundespräsident formell am Zuge. In seiner Weihnachtsansprache hatte er angekündigt: „Die Entscheidung über die Auflösung des Bundestages und über Neuwahlen werde ich mit Sorgfalt nach den Weihnachtstagen treffen.“ Gestern hat er sie bekanntgegeben. Es läuft damit alles nach dem vorbesprochenen Procedere.
Die Anfang Dezember vielfach geäußerte Befürchtung, der Wahlkampf und sein bereits erfolgter Auftakt beeinträchtigten die Festtagsstimmung und überlagerten die Gefühle der Menschen, ist offensichtlich nicht eingetreten. Gleichwohl haben die Parteien ihre Wahlprogramme bereits vorformuliert und in ihren Gremien auf den Weg gebracht. Formelle Verabschiedungen durch die Parteitage erfolgen Anfang Januar. Wir werden uns in den nächsten Wochen damit eingehend befassen. Und vor allem, was dann an Aussagen und Zielen zu unseren Themen darin zu finden ist.
Wir hatten mit unserem Blog „natur+mensch“ bereits Gelegenheit, näher zu erfahren, wie der Kanzlerkandidat der Union, Friedrich Merz, sich das vorstellt: „Ein Landwirtschaftsministerium, in dem ohne ideologische Scheuklappen, mit Sachverstand, Fairness und Anerkennung für die Leistungen der Höfe gearbeitet wird.“ Das sagte er vor Weihnachten in seiner sauerländischen Heimat, die gewiss traditionell ländlich geprägt ist. Unser Autor Wolfgang Kleideiter hat in unserem Blog darüber bereits berichtet, was Merz in Olsberg vor rund 150 Frauen und Männern aus Kreisen der Landwirtschaft und dem ländlichen Raum dazu gesagt hat. Diese Ankündigung ist auch für den Interessenkreis aus der Jagd bemerkenswert: „Politikwechsel für Deutschland bedeutet auch, das Klage- und Interventionsrecht der Verbände wieder deutlich zu reduzieren. Die Einflussnahme zum Beispiel der Deutschen Umwelthilfe auf Planungen an allen Stellen im Land ist nicht in Ordnung.“ Merz sprach von einer „Klage-Industrie“.
Die Mehrwertsteuer oder andere Faktoren als Wahlkampfthema?
Gänse: Bejagung oder Schadensregulierung durch eine Landesregierung
Themenwechsel und Weihnachtsgans einmal ganz anders. So könnte man die überraschende Schlagzeile der großen Boulevardzeitung mit vier Buchstaben aufnehmen, unter der sie über ein besonderes juristisches Weihnachtsgeschenk an einen niedersächsischen Landwirt berichtete: „Land muss Bauern für Gänse-Schäden bezahlen.“ Das Thema Gänse beschäftigt seit Jahren insbesondere viele bäuerliche Berufskollegen mit ihren Agrar- und Weideflächen in Küstennähe, aber auch in Flussnähe wie am Niederrhein. In unserem Blog haben wir schon mehrfach das Thema Gänseplage und Schäden durch Fraß und Verkotung aufgegriffen. So berichteten wir bereits im Sommer über die Entscheidung des Landwirtschaftsministers in Kiel, Werner Schwarz, die Jagdzeiten für Grau-, Kanada- und Nilgänse vom 16. Juli bis zum 31. Januar festzusetzen und damit zu verlängern. Nach neuesten Schätzungen rasten und fressen allein über 400.000 Gänse auf Flächen in Schleswig-Holstein und verursachen damit Millionenschäden. Schwarz ist übrigens überzeugt von der „lenkenden Wirkung“ durch die Bejagung. Gegen die Entscheidung des CDU-Ministers in der schwarz-grünen Kieler Regierung drohte der Nabu mit Klage.
In Niedersachsen ist der zuständige Umweltminister anderer Überzeugung als sein Kollege in Kiel. Christian Meier (Grüne) bleibt hier beim Verbot der Bejagung von Zugvögeln. Dagegen hat vor längerer Zeit der Landwirt Hero Schulte (kein Verband!) aus Ostfriesland geklagt und in erster Instanz vor ca. zwei Jahren Recht bekommen. Dagegen wiederum hat das Land zunächst Berufung vor dem Oberlandesgericht Lüneburg eingelegt, womit der Kläger weiter zunächst die Schäden zu erdulden hatte. Das Jagdverbot besteht unverändert, aber durch Rücknahme der Berufung in Lüneburg wurde jetzt das erste Urteil rechtskräftig. Damit auch die Bestätigung auf Ersatz der Schäden durch das Land Niedersachsen. Kläger Schulte und sein Anwalt weisen darauf hin, dass damit jeder Landwirt in dem Küstenland die Schäden durch Wildgänse in Rechnung stellen könne. Das Urteil beziehe sich nicht nur auf Flächen in Vogelschutzgebieten, sondern in allen Gebieten.
Gegenüber Bild berichtete Kläger Hero Schulte, dass sich durch die Bejagung der Gänse das Einflugverhalten auf einzelne Flächen verändere. Das habe sich gezeigt, als die Jagd noch erlaubt war und in seinem Revier noch 300 bis 400 Gänse geschossen worden seien. Nun hat sich die Regierung von Ministerpräsident Weil damit zu befassen, ob sie alle Jahre Schadensersatzforderungen in Millionenhöhe begleicht oder doch den Weg beschreitet, für den sich etwa das Küsten-Nachbarland Schleswig-Holstein entschieden hat. Das wäre die sachgerechte Festsetzung von Jagdzeiten für Gänse.
Weiter tägliche Beiträge im Blog natur+mensch
Unsere täglichen neuen Beiträge setzen wir nach unserer kleinen Weihnachtspause ab Montag fort. Unser Autor Christoph Boll greift ein hochemotionales Thema auf und befasst sich mit Fakten im Umgang mit sogenannten „Freigänger-Katzen“. Die Meldung aus Schleswig-Holstein, dass davon dort im letzten Jagdjahr in den Revieren 2.580 geschossen wurden, hat viele Gemüter erregt. Die andere Seite: Die Streuner gefährden die Biodiversität und die Gesundheit der Ökosysteme; seltene Bodenbrüter, Singvögel oder Rebhühner fallen ihnen zum Opfer. Wissenschaftliche Studien, veröffentlicht im Magazin „Nature“, belegen das ebenso wie große Naturschutzorganisationen.
In einem weiteren Text am Dienstag geht unser EU-Beobachter Ludwig Hintjens auf die Verschiebung der Brüsseler Verordnung für „entwaldungsfreie Lieferketten“ ein.
Mit diesen Hinweisen wünsche ich auch im Namen unseres Autorenteams einen ruhigen Jahresausklang und frische Kraft mit vielen Lichtblicken für 2025.
Ihr
Jost Springensguth
Redaktionsleitung / Koordination
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