Gnadenfrist für die Waldeigentümer
- Frank Polke
- 9. Okt. 2024
- 2 Min. Lesezeit
Den Schutz des Waldes möchten alle verbessern. Doch die EU wollte offenbar wieder über das Ziel hinausschießen. Jetzt wurde das Vorhaben im letzten Moment zeitlich gestreckt

Die Erleichterung war weit über Brüssel oder Berlin hinaus zu spüren. Die Europäische Kommission hat sich Anfang Oktober dafür entschieden, die Umsetzung der umstrittenen EU-Entwaldungsvorschrift (EUDR) um zwölf Monate zu verschieben. Damit ist die Entscheidung zwar noch nicht rechtsgültig, da unter anderem die Zustimmung des Europäischen Parlaments für einen solchen Schritt notwendig ist. Doch gilt ein positives Votum der Mehrheit der Abgeordneten als wahrscheinlich bis sicher – genau wie die Zustimmung der EU-Mitgliedsstaaten für eine Verschiebung.
Hintergrund: Mit der umstrittenen Neuregelung der Entwaldungsvorschrift will die EU die Entwaldung und Waldschädigung reduzieren, um „Treibhausgasemissionen zu verringern und biologische Vielfalt zu fördern“. Produkte, die anteilig aus recyceltem Material bestehen, fallen im Hinblick auf den nicht-recycelten Anteil nun ebenfalls unter die EUDR.
Die Vorschrift löst die EU-Holzhandelsverordnung (EUTR) ab und gilt jetzt für sechs weitere Rohstoffe (Soja, Kautschuk, Kaffee, Kakao, Palmöl sowie Rind). Ziel ist es, den Verbrauch von Produkten und Rohstoffen zu minimieren, die aus Lieferketten stammen, die mit Entwaldung und Waldschädigung im Zusammenhang stehen. Die Verordnung trifft Unternehmen, aber auch Landwirte, Waldbesitzer und Händler in der Europäischen Union, die Erzeugnisse in der EU zum ersten Mal verkaufen, bereitstellen oder exportieren. Sie müssen sicherstellen und dokumentieren, dass Wälder weder abgeholzt noch geschädigt wurden. An der Lieferkette sind zahlreiche Akteure unterschiedlicher Natur beteiligt: Forstbetriebe, Zwischenhändler, Sägewerke, Zellstoffwerke, Papierfabriken, Druckereien.
„Untragbare bürokratische Belastungen“
Die Umsetzung bedeutet nach Ansicht von Waldbesitzern, Unternehmen und Verbänden „untragbare bürokratische Belastungen und habe unkalkulierbare Auswirkungen auf die Wertschöpfungsketten, auch weil noch unklar ist, wie die Unternehmen das leisten sollen, was die Verordnung fordert“. Viele Branchen wären von Rohstoffen abgeschnitten, weil sie nicht belegen könnten, dass für die Herstellung kein Wald gerodet wurde. Auch redlichen, nachhaltigen Produzenten in Drittstaaten könnte die Lebensgrundlage entzogen werden, wenn sie an den technischen Anforderungen scheitern.
Viele der Unternehmen und Verbände aus der Branche hatten zuletzt um eine Klarstellung der Ausnahmetatbestände sowie eine Verlängerung von Übergangsfristen gekämpft – offenbar mit Erfolg. Auch der Freistaat Bayern hatte in Brüssel gegen die sofortige Umsetzung und Verschärfung der Entwaldungsvorschrift gekämpft.
Deutscher Forstwirtschaftsrat lobt Verschiebung
Der Deutsche Forstwirtschaftsrat (DFWR) zeigt sich zufrieden mit der nun gefundenen zeitlichen Verschiebung. „Der gemeinsame Einsatz der Forstbranche, darunter die Unterstützung durch das gesamte Cluster Forst und Holz sowie die Zusammenarbeit mit zahlreichen europäischen Partnern, trägt Früchte. Die Sachargumente haben politische Wirkung entfalten. Die Verschiebung gibt nun die notwendige Zeit für eine grundlegende und fachbasierte Überarbeitung der Verordnung“, erklärte DFWR-Präsident Georg Schirmbeck. Damit werde dem gesamten Forst- und Holzsektor in Europa ein großer Dienst erwiesen. Hinter den Kulissen hatte sich vor allem EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen für eine Entschärfung und Verschiebung der Richtlinie eingesetzt.
Der Deutsche Forstwirtschaftsrat ist die Stimme für rund zwei Millionen private und öffentliche Waldbesitzerinnen und Waldbesitzer, die die Fläche von etwa 11,4 Millionen Hektar Wald in Deutschland nachhaltig pflegen und bewirtschaften. Die Mitgliedsorganisationen des DFWR vertreten den Privat-, Staats- und Körperschaftswald, die Forstwissenschaft, die mit der Forstwirtschaft verbundenen berufsständischen Verbände und weitere mit der Erhaltung und Förderung des Waldes und der Forstwirtschaft befasste Organisationen.
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