Wenn Krawallmacher ihr Ziel erreichen
- Wolfgang Kleideiter
- 26. März
- 2 Min. Lesezeit
Günther Felßner war als künftiger Bundeslandwirtschaftsminister gesetzt. Doch ein gesteuerter Protest und der kriminelle Übergriff einer radikalen Tierrechtstruppe verhindern, dass er weiter für das Amt zur Verfügung steht

Markus Söder präsentierte ihn Mitte November überraschend auf einer Pressekonferenz. Günther Felßner, 58 Jahre alt, von Haus aus Landwirt, Präsident des bayerischen Bauernverbandes und Vize-Präsident des Deutschen Bauernverbandes, werde bei einem Erfolg der Union bei der vorgezogenen Bundestagswahl das Agrarressort übernehmen, verkündete der CSU-Chef. Dies sei Beschlusslage im Parteivorstand und gelte genauso für die Spitzenkandidatur von Alexander Dobrindt auf der CSU-Landesliste.
Felßners geplante Ernennung sei ein Signal für die Landwirtschaft, den ländlichen Raum und wegen der gemeinsamen Proteste in Berlin auch für den gesamten Mittelstand. Mit ihm werde nach dem Grünen Cem Özdemir wieder ein Praktiker und Mann der Basis das wichtige Landwirtschaftsministerium übernehmen, betonte Söder.
Doch durchstarten konnte Günther Felßner nicht. Auch wenn er am Tag der Pressekonferenz für die Zusammenarbeit aller an Land und Landwirtschaft interessierten Kräfte warb, den Bauernverband als „Denkfabrik“ für die Gesellschaft charakterisierte und dazu aufrief, Strategien zu entwickeln, die Klima- und Artenschutz einbeziehen – die Gegenkampagne war nicht mehr stoppen. Zugespitzte Äußerungen des Fachmanns und ein früherer Missstand auf dem Hof wurden genommen, um ihn bei Reizthemen wie Klimawandel und Tierwohl in die Ecke eines tumben Lobbyisten der Agrarindustrie zu stellen. Allen voran die Grünen, die in den Regierungsjahren gezeigt haben, wie zum Beispiel Vetternwirtschaft funktioniert. Erinnert sei an die Affäre Graichen im Wirtschaftsministerium oder die Ernennung der Greenpeace-Geschäftsführerin Morgan zur neuen Sonderbeauftragten für internationale Klimapolitik.
Mit dem Kampfruf „Er darf nicht Minister werden!“ startete der Berliner Kampagnenverein Compact e.V. eine Petitions-Aktion gegen Günther Felßner. Ins gleiche Horn stieß das als Anti-AKW-Gruppe gestartete Umweltinstitut München e.V., das schon lange zum Beispiel „100 Prozent Ökolandbau“ will.
Krawallmacher versetzen Felßners Familie in Panik
Den Höhepunkt erreichte die Protestwelle aber jetzt, als selbst ernannte Tierrechtsaktivisten von „Animal Rebellion“ auf dem Hof von Felßner den Hausfrieden massiv störten und mit brennenden Bengalos und Pyrotechnik auf das Stalldach kletterten. Während der CSU-Politiker in Berlin an den Koalitionsverhandlungen teilnahm, versetzen Krawallmacher seine Familie in Panik. Laut Günther Felßner hatten seine Frau und ein Mitarbeiter während des Vorfalls „Angst um Leib und Leben“. Wer die Bilder der Vermummten sieht, kann dies gut nachvollziehen.
In einer Presseerklärung sagte Felßner, er sei ein Mann des Dialogs und sehe sich als Brückenbauer. Auch für den Austausch mit Andersdenkenden stehe er immer bereit. Nur gehört „Animal Rebellion“ zweifellos nicht zu den Gruppierungen, die auf einen Gedankenaustausch großen Wert legen. Wer sich auf der inzwischen nur noch nach Voranmeldung erreichbaren Homepage der „Aktivisten“ informiert, findet festgezurrte fundamentale und höchst fragwürdige Positionen. Die Gruppe sieht sich als „antispeziesistische Bewegung“ – sprich: Sie setzt Mensch und Tier in ihren Rechten und ihrer Freiheit gleich. Ultimativ wird ein rein pflanzenbasiertes Ernährungssystem gefordert. Erreichen will man dies in erster Linie mit Störaktionen.
Mit der kurzzeitigen Besetzung des Hofes hat dieser Polit-Mob allerdings eine Linie überschritten. Aktionen wie diese treffen die Demokratie im Kern, denn sie setzen Repräsentanten auf eine persönliche und völlig unzulässige Art unter Druck. Dass Günther Felßner eine Ernennung zum Agrarminister nunmehr ablehnt, ist ein Alarmsignal. Krawall- und Angstmacher, Hassprediger und Hetzer dürfen nicht darüber entscheiden, wer in diesem Land nach einer demokratischen Wahl Verantwortung trägt.
Keine Frage, ein solcher Angriff von sogenannten Tierschutz-Aktivisten auf die Familie eines Ministerkandidaten ist verabscheuungswürdig und sie schadet der Sache derer, die rationale Gründe dafür haben, den Naturschutz zu befürworten und deshalb der Kandidatur Felßners nicht zuzustimmen. Felßner ebenso wie sein Parteigenosse Söder haben viel dazu beigetragen, die politische Stimmung gegen einen vernünftigen Umgang mit der Natur und mit Nutz- und Wildtieren aufzuheizen. Damit hat sich Felßner als ungeeignet für die Leitung des Landwirtschaftsministerium gezeigt.
Als Präsident des Bauernverbandes hat er außerdem wenig dafür getan, das Bauernsterben aufzuhalten. Er vertritt wie die meisten seiner Vorgänger eine Politik, die die Konzentration der landwirtschaftlichen Produktion auf immer weniger Großbauern unterstützt. Diese Strategie können die Menschen auf dem Land nicht gebrauchen.