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AutorenbildFrank Polke

Hoffnung für den jungen Buchenwald?

Aktualisiert: 7. Juni

Wie widerstandsfähig sind die Buchenwälder in Deutschland? Eine jetzt vorgestellte Studie der TU Dresden bringt überraschend positive Erkenntnisse, die aufhorchen lassen. Und Hoffnungen wecken


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Buchenwald
Foto: RainerSturm / pixelio.de

2011 war ein bedeutendes Jahr für den Schutz der Buchenwälder in Deutschland. Jedenfalls auf dem Papier: Die UNESCO stellte fünf Buchenwaldgebiete in Deutschland unter ihren besonderen Schutz, darunter die zwei Buchenwälder in Serrahn im Müritz-Nationalpark und im Nationalpark Jasmund Buchenwälder in Mecklenburg-Vorpommern. Weltkulturerbe, eine gewaltige Ehre, die nicht nur für den Tourismus hohe Ausstrahlungskraft entfalten kann. Sondern in diesem Fall auch die Aufgabe bedeutet, diese einzigartigen Wälder fit zu machen für die Zukunft.


Wissenschaftler untersuchen seit vielen Jahren, wie sich beispielsweise der fehlende Niederschlag auf den Zustand der Wälder und Pflanzen auswirkt – mit teilweise sehr überraschenden Ergebnissen, was das Alter der Bäume betrifft: „Die Buchenwälder gedeihen besser als vermutet. Die Bäume sind nicht nur in beiden untersuchten UNESCO-Gebieten vitaler als im Vorjahr. Auch wenn wir unterschiedliche Orte und Zeiträume betrachten, so stimmen mich die neueren Studien vorsichtig optimistisch, dass viele heimische Baumarten anpassungsfähiger sind als wir dachten“, erklärte Till Backhaus, altgedienter Agrar- und Forstminister des Landes Mecklenburg-Vorpommern, bei der Vorstellung des Waldzustandsberichts in Schwerin.


Trockenheit besser weggesteckt als vermutet


Besonders aussagekräftig ist dabei die Studie unter dem Titel „Baumbestands in Mitteldeutschland“, die das Institut für Forstbotanik der Technischen Universität Dresden erarbeitet hat. Das Forst-Institut der TU Dresden zeichnete 2021 die Waldentwicklung in Serrahn zwischen 1968 und 2020 nach, untersuchte die Entwicklung vor allem im Hinblick auf die Wasserspeicherkapazität der Bäume. Wichtig ist hier die Unterscheidung zwischen jungen und alten Bäumen. Ausgangslage: Seit den 1970er Jahren wurde der Baumzuwachs in dem Gebiet immer kleiner. „Die jungen Bäume wuchsen während der Trockenheit genauso gut wie vorher“, erklärte Institutsleiter Andreas Roloff gegenüber der Nachrichtenagentur dpa. Die Bäume seien demnach deutlich gewachsen, der Holzvorrat zeige Ähnlichkeiten zu vergleichbaren anderen europäischen Buchenurwäldern. Altbäume dagegen hätten nicht mehr die Fähigkeit, sich auf die veränderten Klimaverhältnisse anzupassen und stürben ab. Flächendeckend, wie die Wissenschaftler untersuchten. Der potenzielle Verlust alter bis uralter Buchen stellt nach Roloffs Angaben deshalb einen „schweren Schlag für die Biodiversität“ dar – immerhin spielen gerade sie eine entscheidende Rolle beim Erhalt des Ökosystems.


Erworbene Resistenz


Das Absterben vieler Altbäume einer Baumart bedeutet daher nicht, dass die Jungbäume derselben Baumart ebenso empfindlich und für zukünftige Verwendung nicht mehr geeignet sind, denn sie haben Jahrzehnte Zeit, sich auf Veränderungen einzustellen – solange diese zeitlich nicht zu schnell erfolgen. Das Resultat wird von den Wissenschaftlern der TU Dresden als „erworbene Resistenz“ bezeichnet. Die Bäume passen sich an die veränderten Umweltbedingungen an, indem sie zum Beispiel kleinere Blätter entwickeln, mit einer dickeren Wachsschicht auf der Blattoberfläche. Die Jahresringe werden in den trockenen Jahren schmaler. Der Forstbotaniker Roloff sagt, die beobachtete Anpassungsfähigkeit treffe nicht nur für Buchen zu. Auch bei 20 anderen Baumarten, die typischerweise in Deutschland wachsen, habe er das untersucht. Es gehe dabei beispielsweise um Ahorn, Eichen, Linden, Eschen oder Robinien.


Minister Till Backhaus bringt es bei der Vorstellung der Studie auf den Punkt: Besonders alte, naturnahe Buchenwälder mit urwaldähnlichen Strukturen beherbergten eine enorme Artenvielfalt, die es unbedingt zu schützen gelte, damit unserem Ökosystem keine gravierenden Schäden zugefügt werden. Hier müssten die aktuellen Ergebnisse der Studie stärker berücksichtigt werden. Gerade Buchenwälder seien nicht nur ein einzigartiges Ökosystem und Rückzugsgebiet für tausende Tierarten, sondern auch Orte der Stille für Menschen, die gerade einmal den urbanen Raum gern verlassen.

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