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  • Ludwig Hintjens

Mehr Herz für Bauern und die ländlichen Räume

Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat Zuständigkeiten und Strukturen ihrer neuen Kommission benannt. Für den ländlichen Raum gibt es drei gute Nachrichten


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Foto: Dati Bendo / EU-Kommission - Audiovisueller Dienst

Die alte und neue Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat die Zuständigkeiten in ihrer neuen Kommission bekannt gemacht. Damit zeichnet sich ab, wer in der Politik für Landwirtschaft, Tier-, Arten- und Umweltschutz sowie ländlichen Raum bis 2029 die Strippen zieht. Die erste gute Nachricht ist: Von der Leyen hat aus dem Fehler gelernt, dass sie in ihrem ersten Mandat einen mächtigen Ideologen, den niederländischen Sozialisten und Kommissions-Vize Frans Timmermans, zum Aufseher über diese Politikbereiche gemacht hat.


In den nächsten fünf Jahren sind Landwirtschaft und Umweltschutz voraussichtlich dem italienischen Vize-Kommissionspräsidenten Raffaele Fitto untergeordnet, ein ehemaliger Christdemokrat, der zur Partei der rechtsbürgerlichen Ministerpräsidentin Giorgia Meloni gewechselt ist. Im letzten Mandat hatte Timmermans Einfluss auf die umstrittenen Entwürfe wie Naturwiederherstellungsgesetz und Pestizidreduktion. Er hatte sich sogar in die informellen Verhandlungen zwischen Parlament und Rat bei den Themen eingemischt. All das dürfte es nun nicht mehr geben.


Die zweite gute Nachricht ist: Ein Christdemokrat wird Agrarkommissar. Es war der Wunsch von Manfred Weber, Chef der sich als Bauernpartei verstehenden christdemokratischen EVP, dass der nächste Agrarkommissar ein EVP-Parteibuch hat. Der neue Agrarkommissar kommt nicht gerade aus einem landwirtschaftlich geprägten Land. Luxemburg, die Heimat von Christophe Hansen, zählt gerade einmal 1800 bäuerliche Betriebe mit 4600 Arbeitskräften. Der 42-Jährige ist auch kein klassischer Agrarpolitiker. Im Europaparlament, dem er für eine Wahlperiode angehörte, hatte er als Mitglied des Umwelt- und Handelsausschusses zwar mit Agrarpolitik zu tun. Sein Schwerpunkt lag aber bei Handel und Umwelt. So setzt er sich für das Mercosur-Handelsabkommen ein, das etwa bei den französischen Bauern abgelehnt wird. Hinzu kommt: Die Luxemburger Christdemokraten gehören eher zum linken Spektrum der europäischen Christdemokraten.


Was wird aus den Direktzahlungen der EU?


Im letzten Mandat war Hansen über den Umweltausschuss daran beteiligt, den Landwirten Umwelt- und Klimaauflagen als Bedingung vorzugeben, wenn sie weiterhin Direktzahlungen bekommen wollen. Als Kommissar wird er von den Bauern nun daran gemessen, ob er ihnen Erleichterungen beim Wirtschaften verschafft. Seine erste Aufgabe wird sein, in den ersten hundert Tagen des Mandates eine Vision für die Zukunft der EU-Landwirtschaft zu entwickeln. Ende nächsten Jahres sollte er einen Vorschlag für die nächste GAP-Förderperiode vorlegen. Dabei wird er auch einen Vorschlag machen müssen, wie es mit den Direktzahlungen weitergehen soll – in Schritten auslaufen lassen oder beibehalten.


Und das ist die dritte gute Nachricht: Von der Leyen hat die personellen Voraussetzungen dafür geschaffen, dass der strenge Artenschutz gelockert wird. Bisher torpedierte der grünennahe Umweltkommissar Virginijus Sinkevičius aus Litauen alle Versuche, etwa den Schutzstatus des Wolfes zu lockern. Künftig hat die EU eine Umweltkommissarin, Jessika Roswall, die aus der christdemokratischen Parteienfamilie EVP kommt. Mehr noch: Schweden betreibt ein aktives Management der Wolfsbestände, „entnimmt“, also schießt, trotz des hohen Schutzstatus regelmäßig einzelne Beutegreifer, damit die Populationen nicht überhandnehmen. Womöglich kommt mit dieser politischen Konstellation bald etwas beim Artenschutz in Bewegung.


Bis feststeht, ob die Kommission in dieser Formation im Dezember oder Januar ihr Mandat antritt, müssen noch die Anhörungen der Bewerber in den Ausschüssen des Parlaments abgewartet werden. Anders als in Deutschland, wo die Kabinettsliste nicht von der Legislative beeinflussbar ist, kann das Europaparlament Kommissare ablehnen. Es gehört zu den Ritualen, dass immer der eine oder die andere über die Klinge springt. Ein heißer Tipp: Ungarns Bewerber Olivér Várhelyi, der für das Tierwohl und die nächsten Auflagen für Viehtransporte zuständig ist, könnte stürzen. Erstens, weil er ein Parteigänger des ungarischen EU-Gegners Viktor Orbán ist. Zweitens, weil er dabei erwischt wurde, als er im Plenum über die Europaabgeordneten gesagt hat: „Alles Idioten.“


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