Alle Jahre wieder: Das Saisonende läutet die Debatte ein, ob man sich den Freibad-Betrieb im nächsten Jahr noch leisten kann oder will. Doch wenn Bäder tatsächlich nur etwas für reiche Städte sein sollten, hätte der ländliche Raum das Nachsehen
Zwangsschließung während der Corona-Pandemie, explodierende Energiekosten, anhaltender Fachkräftemangel, punktuelle Gewaltausschreitungen – die deutsche Bäderlandschaft ist in der Vergangenheit nicht aus den Schlagzeilen gekommen. Und immer wieder war parallel von einem „Bädersterben“ die Rede. So, als würde sich dieses Land bald komplett von der Bade- und Schwimmkultur verabschieden.
Tatsächlich, so hat das Institut der deutschen Wirtschaft schon vor einem Jahr in einer Untersuchung festgestellt, fehlen für eine Bäderschließung im großen Stil belastbare Zahlen. Neben dem „Deutschen Bäderatlas“ gibt es nur das von Forschern der Hochschule Koblenz entwickelte Projektportal „baederleben.de“, das alle öffentlichen Schwimm- und Bademöglichkeiten sowie Kurs- und Therapiebecken in schulischen oder medizinischen Einrichtungen in Deutschland sammelt. „Sammelt“ ist hier wörtlich zu verstehen, denn die Infos werden nach dem Wikipedia-Prinzip gebündelt. Aktuell gibt es laut „baederleben.de“ in Deutschland 9619 Bäder. Der Bäderatlas liefert deutlich geringere Zahlen. Ob also hierzulande alle paar Tage ein Schwimmbad die Tore schließt, lässt sich nicht sagen.
Klares Stadt-Land-Gefälle
Fest steht aber, dass es bezüglich der Versorgung mit nutzbaren Schwimmbädern ein klares Stadt-Land-Gefälle gibt. In Städten beziehungsweise Ballungsgebieten können die Bewohner heute deutlich schneller ein Frei- oder Hallenbad erreichen. Auf dem Land ist der gerade an heißen Tagen begehrte Sprung ins kühle Nass erst nach einer längeren Anfahrt möglich. Früher hatten kleinere Gemeinden zumindest einen Ort, um auch das Schulschwimmen anzubieten. Heute gibt es die Schule nicht mehr – und dementsprechend weniger Bedarf für ein solches auch öffentlich zugängliches Becken.
Neben Energiekosten und Personalbedarf drückt die allermeisten Bäder in Deutschland ein hoher Sanierungs- und Modernisierungsstau. Zwar gibt es in den Bundesländern Fördermittel für Kommunen, die ihr Bad zukunftsfest machen wollen, doch der Sanierungsstau beläuft sich nach Schätzungen inzwischen auf viele Milliarden Euro. Da sind die Millionen, die hier und dort bereitstehen, meist nur ein Tropfen auf dem heißen Stein.
Vor etwa einem Jahr hat die Bäderallianz Deutschland der Politik ein Positionspapier „Die Zukunft der deutschen Bäder“ überreicht. Der Zusammenschluss der führenden Verbände und Institutionen des Badewesens und Schwimmens listete viele Handlungsfelder auf, forderte neben Standards und deutlich mehr Mitteln auch eine stärkere interkommunale Zusammenarbeit.
Chance durch Kooperation
Kooperation ist tatsächlich gerade in ländlichen Regionen ein Schlüssel, um eine Badschließung zu verhindern. Von der Küste bis zu den Alpen gibt es zahlreiche Beispiele dafür, wie es kleineren Orten gemeinsam mit einer engagierten Bürgerschaft gelungen ist, das Schwimmbad vor der Stilllegung zu schützen beziehungsweise wieder in Betrieb zu nehmen.
So gelang es im oberbayerischen Wellheim vielen Engagierten, im Frühsommer ein vier Jahre lang zwangsweise geschlossenes Bad wieder zu eröffnen. Der Donaukurier schrieb von einem neunmonatigen „Kraftakt“. „Seit Monaten packen Rentner und junge Familien mit an. Sie schaufeln Bauschutt weg, baggern die Rasenfläche flach, pflastern die Wege rund um das Schwimmerbecken und für das Gerätehäuschen“, beschrieb der Bayerische Rundfunk die Situation. Hauptziel der Bürger war es, gerade der Jugend wieder das Bad zurückzugeben.
Für eine fundierte Schwimmausbildung in der Stadt und auf dem Land wirbt unablässig die Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG). „Insbesondere die Sanierung der bestehenden Schwimmbadlandschaft sowie der Neubau von Bädern in Gegenden, wo Bedarf besteht, müssen auf allen politischen Ebenen eine höhere Priorität erhalten“, heißt es dort. Die DLRG fordert seit langem, dass Bund, Länder und Kommunen gemeinsam einen bundesweiten Bäderbedarfsplan aufstellen und diesen dann abarbeiten. „Allem voran müssen wir den Trend zu immer mehr Nichtschwimmern und schlechten Schwimmern stoppen“, betonte kürzlich DLRG-Präsidentin Ute Vogt.
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