Michael Lehner war seit über 15 Jahren Autor, Ideen- und Ratgeber der Jägerstiftung natur+mensch. In dieser Woche hat uns die erschütternde Nachricht von seinem Tod erreicht
Er wird uns fehlen – in der wöchentlichen Zoom-Redaktionskonferenz unseres Blogs und natürlich vielen unserer inzwischen monatlich über 120.000 Nutzer seiner Texte. Sie waren geschliffen, kenntnisreich, meinungsfreudig innerhalb fester Grundsätze – auch zum Thema Jagd, wie Sie unten unter diesem persönlichen Text zum Abschied lesen. Seiner Biografie unter uns Autoren des Blogs müssen wir zunächst ein Kreuz hinzufügen, bevor an seiner Stelle ein anderer Name zu setzen ist. In der Kurzbiografie ist bei uns über ihn zu lesen:
„Jahrgang 1948, geboren und aufgewachsen in München. Die Provinz hat er als Redakteur großer Regionalzeitungen lieben gelernt. Deshalb ist er nach drei Jahrzehnten in der bayerischen Landespressekonferenz zum Unruhestand wieder aufs Land gezogen. Von dort kümmert er sich weiter um ‚sein‘ Thema: Politik für (und gegen) den ländlichen Raum. Er ist Fliegenfischer, Jäger seit 40 Jahren und Träger der Bayerischen Umweltmedaille – vor allem wegen seines Engagements für intakte Fließgewässer.“
Das alles beschreibt nur einen Teil dessen aus der beruflichen Biografie von Michael Lehner, von dem die Jägerstiftung über 15 Jahre profitieren konnte. Er war davor einer der profiliertesten und meistgefragten Landeskorrespondenten. Er schrieb fundierte Beiträge für die „Schwäbische Zeitung“ und gleichzeitig Korrespondenten-Texte für große Regionalzeitungen von Flensburg (SHZ), Münster (Westfälische Nachrichten), Köln (Kölnische Rundschau) bis Karlsruhe (Badische Neueste Nachrichten). Dabei vermittelte er Außenstehenden seinen lebensnahen und treffsicheren Blick auf landestypische Eigenarten in der Politik seiner Heimat. Damit sind auch Namen mit tiefgehend ins Persönliche führenden Kenntnissen verbunden wie etwa Strauß, Stoiber, Seehofer oder aktuell Söder; auch entscheidende bayerische Köpfe in der Bundespolitik wie Waigel, Ramsauer oder zu Guttenberg. Michael Lehner war ein durch und durch politischer Mensch. Das erlebte schon Ende der 70er Jahre die Leserschaft der damaligen Zeitschrift Weltbild. Dort profilierte er sich als Chefreporter. Seine Texte waren stets gehaltvoll und immer lesenswert. Er schrieb kenntnisreich, detailgenau und wertete insbesondere in seinen vielen Kommentaren faktensicher und meinungsfreudig. Das Gespür für gesellschaftliche Strömungen zeichnete seine journalistische Arbeit aus.
Seine Liebe galt der Jagd, dem Fliegenfischen, der Natur und der bayerischen Heimat. Zusammen mit dem profilierten Schweizer Buchautoren Hans-Ruedi Hebeisen („Faszination Fliegenfischen“) schrieb er Texte über diese besondere Angel-Spezies. Hebeisen beschreibt das Entstehen eines Kochbuchs für und von Fliegenfischern: „Michael Lehner war dabei, Fliegenfischer und Journalist aus München. Er half mir schon entscheidend, das Buch ‚Faszination Fliegenfischen‘ zu einem Erfolgstitel zu machen.“
Neben der Zusammenarbeit während meiner fast 25 Jahre als Chefredakteur haben wir auch in der Jagd tiefe Freundschaft gefunden. In Revieren bei mir im Münsterland, bei Freunden mit faszinierenden Hasenjagden von Bongsiel (Nordfriesland) aus im Hauke-Haien-Koog, in Tschechien und vor allem über zwei Jahrzehnte bei der Jagd auf Elch, Auer- und Birkhahn in der schwedischen Provinz Dalarna. Dort fand Michael Lehner seine zweite Landschaftsliebe, gute Freunde und eine weitere Heimat. Wer Lehner bei uns im Blog gelesen hat, erlebte zu vielen Themen vom Wolf bis zum Waldbau immer wieder Ausflüge dorthin.
2011 haben wir gemeinsam die Öffentlichkeitsarbeit der Jägerstiftung mit der Kampagne „Natürlich Jagd“ im Rahmen jagdkritischer Gesetzgebungsverfahren in verschiedenen Bundesländern entwickelt; beginnend in NRW mit Remmels Zielsetzungen. Dazu hatte Michael Lehner mit mir vorab bereits 2011 folgende Grundsätze für uns und unsere Arbeit aufgeschrieben:
Jagd und Öffentlichkeit Grundlagen, inhaltliche Positionen + Botschaften
Jagd ist die älteste Form menschlicher Naturnutzung.
Jagd hat den Menschen bis in die Genstrukturen geprägt.
Jagd gehört zur Natur des Menschen und damit zur Natur.
Jagd ist Emotion und weckt Emotionen. Auch bei ihren Gegnern.
Jagd ist nicht allein mit Argumenten der Vernunft zu erklären.
Jäger und ihre Beute sind auf möglichst intakte Natur angewiesen.
Jäger und Wildtiere sind deshalb eine Schicksalsgemeinschaft.
Nachhaltig schützt der Mensch in erster Linie das, was ihm nutzt.
Lebensfeindliche Umwelt ist immer auch jagdfeindlich – und umgekehrt.
Jagd bedingt deshalb Emotionen zum Nutzen der Natur.
Die Konfliktlinie verläuft nicht zwischen Natur und Jägern.
Sie verläuft zwischen Naturferne und Naturnähe.
Jagd und Raubbau sind natürliche Gegensätze.
Jagd und Landwirtschaft sind im Prinzip eine Interessengemeinschaft.
Der Gegensatz zwischen Jagd und bäuerlicher Tierhaltung ist künstlich.
Jagdliche Öffentlichkeitsarbeit muss Standortbestimmung sein.
Sie verzichtet auf anbiedernde Selbstverleugnung.
Sie bekennt sich selbstbewusst zu Emotion und Tradition.
Sie leugnet in solchem Selbstbewusstsein die Konsequenz des Tötens nicht.
Sie versteht sich vielmehr als Bestandteil natürlicher Abläufe.
Sie verzichtet auf Anbiederung und wehrt sich gegen Bambi-Mentalitäten.
Sie verweist offensiv auf die gesellschaftliche Bedeutung der Jagd.
Sie weckt Verständnis für die natürliche Freude an der Jagd.
Sie ist im Zweifel konfliktbereit und niemals anbiedernd.
Jägerinnen und Jäger haben keinen Anlass, in Sack und Asche zu gehen.
Gerade das öffentliche Bild der Jägerin bietet Sympathie-Chancen.
Vorurteile gegen eine verschworene Männergemeinschaft sind zu widerlegen.
Jagd ist eine immer moderne und anspruchsvolle Form der Naturnutzung.
Sie vermittelt Werte wie Zusammengehörigkeit über Standesgrenzen hinweg.
Das Waidwerk braucht ein sympathisches und kompetentes Gesicht.
Moderne Kommunikation lebt von Identitätsträgern.
Wirksame Kampagnen leben von der Popularität ihrer Protagonisten.
Die Jägerschaft schätzt den Naturschutz als natürlichen Verbündeten.
Beißreflexe sollten schlecht geführten Hunden überlassen bleiben.
Jagd wird ihrem Anspruch gerecht, wenn sie auf Anpassung verzichtet.
Jäger sind weit mehr als Naturschützer im Lodenrock.
Sie sind Naturschützer aus ureigenem Interesse und damit authentisch.
Jagd gelingt erfüllend nur im Einklang mit der Natur.
Dieser Kompetenzanspruch muss gelebt und nicht nur gepredigt werden.
ML/JS 21.11.2011
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