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AutorenbildWolfgang Kleideiter

Merz will Prioritäten neu setzen

Mitten im Hochsauerland skizziert Friedrich Merz vor Land- und Forstwirten die Agrarpolitik einer von CDU/CSU geführten Bundesregierung. Eine Botschaft lautet: Die Leistung der Bauernfamilien für die Gesellschaft soll wieder mehr Anerkennung und Unterstützung erfahren


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WLV-Präsident Hubertus Beringmeier (l.) und Wilhelm Kühn (r.), Vorsitzender des Landwirtschaftlichen Kreisverbandes Hochsauerland, mit Kanzlerkandidat Friedrich Merz. (Foto: Wolfgang Kleideiter)

Schwere Dachbalken, stabile Werkbänke, High-Tech-Maschinen: Die Ausstattung des „Zentrum Holz“ in Olsberg passt gut zum Thema des Abends. Friedrich Merz, Kanzlerkandidat der Union, will in Deutschland manches wieder zurechtrücken, Fehlentwicklungen korrigieren, Prioritäten neu setzen. Auch in der Agrarpolitik, die an diesem eisigen Dezemberabend im Mittelpunkt steht.


Fast 150 Frauen und Männer aus der Landwirtschaft hören Merz sehr aufmerksam zu. Viele kennen ihn näher, denn der Fraktionschef der Union im Bundestag stammt aus dem sauerländischen Brilon und ist in Arnsberg zu Hause. Also ein Heimspiel im schon angelaufenen Bundestagswahlkampf?


Dieses Etikett würde dem Zusammentreffen – offiziell eine „erweiterte Kreisverbandsausschusssitzung“ des Westfälisch-Lippischen Landwirtschaftsverbandes (WLV) – nicht gerecht. Der Kandidat verspricht keine Verbandspolitik im Ministerium, aber ein Landwirtschaftsministerium, in dem ohne ideologische Scheuklappen, mit Sachverstand, Fairness und Anerkennung für die Leistungen der Höfe gearbeitet wird. Denn dies, da sind sich Friedrich Merz und sein Mit-Gastgeber WLV-Präsident Hubertus Beringmeier einig, ist in den vergangenen Jahren unter der Ampel-Regierung nicht der Fall gewesen.


Zur politischen Wende passen die Überlegungen in der CDU, die spätestens seit Russlands Angriff auf die Ukraine ins Zentrum gerückte Ernährungssicherheit als ein weiteres Staatsziel in das Grundgesetz aufzunehmen. Friedrich Merz hält diesen Schritt für wichtig, weil auch das Tierwohl bereits im Grundgesetz steht. Die Landwirtschaft sei eine Schlüsselbranche und müsse auch als solche gesehen und behandelt werden.


Noch bevor der Entwurf des Wahlprogramms der Union in diesen Tagen bekannt wird, spricht der Kanzlerkandidat in Olsberg Punkte an, die die Betriebe und den ländlichen Raum umtreiben. Merz will die stufenweise Abschaffung der Rückvergütung beim Agrardiesel – ein Beschluss der gescheiterten Ampel-Regierung – sofort stoppen. Die deutschen Landwirte sollen steuerlich nicht schlechter dastehen als ihre Berufskollegen in den europäischen Ländern. Merz – so sein Versprechen in Olsberg – wird für Rahmenbedingungen eintreten, die die Betriebe in die Lage versetzen, im internationalen Wettbewerb zu bestehen.


Dauerbrenner Bürokratieabbau


Dazu gehört auch der Dauerbrenner Bürokratieabbau. „Das müssen wir grundsätzlich anfassen“, sieht der CDU-Vorsitzende auf allen Ebenen Handlungsbedarf. Ein Drittel der Berichtpflichten sollte man streichen. Es könne nicht angehen, dass deutsche Behörden EU-Richtlinien bei deren Umsetzung immer mit einem zusätzlichen „Goldrand“ ausstatten und damit Agrarbetriebe wegen strengerer Regelungen Wettbewerbsnachteile hätten.


Laut Merz muss bei der Agrarpolitik weit mehr als bisher „Hand in Hand“ vorgegangen werden. Dafür will Merz auf EU-Ebene kämpfen. Ohne das große Ziel der Klimaneutralität infrage zu stellen, sieht er nicht den „Green Deal“, sondern wegen tektonischer Veränderungen in der Weltpolitik einen „Deal für mehr Wettbewerbsfähigkeit der EU“ auf Platz eins der gesamteuropäischen Aufgabenliste. Der 69-Jährige verteidigt auch deshalb vor den Landwirten das Mercosur-Freihandelsabkommen. Mit Blick auf die geringen Mengen zum Beispiel bei der Einfuhr von Rindfleisch („1,2 Prozent“) müsse man in Deutschland „vor diesem Wettbewerb keine Angst haben“. Und die von der Landwirtschaft geforderte Standards gehörten nun einfach nicht in ein Freihandelsabkommen.


Das gefällt nicht jedem Zuhörer. Aber dafür erntet Friedrich Merz bei den Landwirten an vielen anderen Stellen lauten Beifall und spricht ihnen aus der Seele. Politikwechsel für Deutschland bedeutet für den Kanzlerkandidaten auch, das Klage- und Interventionsrecht der Verbände wieder deutlich zu reduzieren. Die Einflussnahme zum Beispiel der Deutschen Umwelthilfe auf Planungen an allen Stellen im Land sei nicht in Ordnung. Merz spricht von einer „Klage-Industrie“.


Nach fast zwei Stunden Vortrag, Dialog und Fragerunde endet der Termin im „Zentrum Holz“. Hubertus Beringmeier und Wilhelm Kühn, Vorsitzender des Landwirtschaftlichen Kreisverbandes Hochsauerland, die noch viele weitere Themen ansprechen, sind froh, dass sie Friedrich Merz schon vor Monaten eingeladen hatten. Damals war von einer Neuwahl im Frühjahr 2025 noch nicht die Rede. Dass Merz auch als Spitzenkandidat Wort hielt und anreiste, kommt bei den Bauern gut an. Zum Dank gibt´s einen Korb Nahrungsmittel aus der Heimat – das Sauerland lässt grüßen.

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