In vielen ländlichen Regionen ist es mit dem ÖPNV schwierig. Oft bleibt Pendlern nur das Auto. Der Bundesverkehrsminister will jetzt eine bessere Verknüpfung von Auto und Bahn. Das nennt man Park-and-Rail – seit 1972
Das sagt Volker Wissing nicht, als er die abgestandene Initiative von einer kombinierten Pendler-Nutzung von Auto und Bahn aus dem noch frischen Sommerloch zieht. Deshalb dies zuerst: Von den im Monatsschnitt rund 11,2 Millionen Abonnenten des Deutschlandtickets kommen nach Angaben des Verbandes Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) nur 21 Prozent aus dem ländlichen Raum. Was heißt: Das Ticket ist im Prinzip vor allem für Städter und Speckgürtel-Pendler attraktiv. Dennoch behauptet der Bundesverkehrsminister, dass das 49-Euro-Ticket gerade auf dem Land eine starke Vereinfachung und Entlastung mit sich bringe, weil es dort im Gegensatz zu städtischen Zentren bisher kaum bezahlbare Flatrate-Tarife für Pendler auf dem Land gegeben habe. Wissing wird selbst wissen, dass er damit zu kurz springt.
VDV-Umfragen zufolge steigen zwar 16 Prozent der Deutschlandticket-Nutzer seltener ins Auto, seit sie das Abo haben. Eine spürbare Verlagerung des Verkehrs findet dennoch im erhofften Ausmaß nicht statt. Denn auch das gehört zum Alltag: Es geht nicht allein ums Geld, wenn man auf dem Land vom Auto auf Busse und Bahnen umsteigen will. Viel wichtiger ist es für Berufspendler, eine Verbesserung des Angebots zu schaffen. Die Infrastruktur muss stimmen, wenn die Flexibilität des Autos und die Effizienz der Schiene miteinander klug verflochten werden sollen.
Und da wird dann auch Wissing kleinlaut. Der Minister hat zwar recht, wenn er sagt, es sei in einer freien Gesellschaft weltfremd, Menschen mit staatlichen Zwangsmaßnahmen zur Veränderung ihres Lebens veranlassen zu wollen. Und richtig ist auch, dass es nicht reicht, den Bus statt alle drei Stunden alle zwei fahren zu lassen – und dass es von Frequenz, Finanzierung und Fachkräfteangebot zudem unrealistisch ist, auf dem Land einen 20-Minuten-Takt mit dem Bus hinzubekommen. Das aber, was Wissing als Teil der Problemlösung aus dem alten Hut zieht, klingt dann doch ziemlich hilflos. Der Minister setzt nämlich auf bessere multimodale Verkehrsstrukturen im ländlichen Raum. Also auf etwas, was man seit 1972 als Park-and-Rail (manchmal auch als Park-and-Ride) kennt. „Wir brauchen mehr attraktive Umstiegsmöglichkeiten in der Fläche“, sagt Wissing. Das ist eine Erkenntnis, für die man keine 52 Jahre braucht.
Wissings Initiative fehlt Konkretes
Zudem fehlt Wissings Initiative jegliches Konkretes. „Überlegen“ könnten etwa die Länder, welche Standorte in welchen Regionen für Umstieg-Hubs am besten wären, von denen dann Schienenverbindungen in die Metropolregion mit enger Taktung angeboten werden könnten, Bahnhöfe mit genügend Parkplätzen und guter Bus-Anbindung, die laut Wissing von den Menschen aus der Umgebung gut erreichbar seien. Mit Verlaub: Das ist ein Vorschlag aus der verkehrspolitischen Klippschule. Zu banal, um ernsthaft eine neue Phase der Mobilität auf dem Land einzuleiten.
Mal sehen, wie es jetzt weitergeht. Die Verkehrsminister von Bund und Ländern beraten über einen Ausbau- und Modernisierungspakt für den ÖPNV. Seit längerem. Die Länder wollen zudem von Wissing eine stärkere Erhöhung der milliardenschweren Regionalisierungsmittel, mit denen Leistungen bei Verkehrsunternehmen bestellt werden. Ohne die geht nämlich nichts. Wo das Geld aber zur gut gemeinten Verknüpfung fehlt, da kann auch ein noch so schwurbelnder Minister keinen Knoten durchschlagen.
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