Der Bund bemüht sich weiterhin, die Mobilitätswende bis ins Dorf zu tragen. „LandStation“ heißt ein neues Pilotprojekt. Sieben Kommunen beziehungsweise Kreise machen als Modellregion mit.
Die Hälfte der Bevölkerung lebt auf dem Land. Alltagstaugliche Angebote, die einen Umstieg vom Auto auf Bus oder Bahn gestatten, sind dort allerdings rar gesät. Großstädte und Ballungsgebiete schneiden besser ab. Gleichwertige Verhältnisse in Stadt und Land sind beim Öffentlichen Personennahverkehr trotz vielerlei Bemühungen bis heute eher Vision als Realität.
Nun startet mit dem Pilotprojekt „LandStation – Verknüpfte Mobilität im ländlichen Raum“ der x-te Versuch, das Thema Verkehrswende auch den Menschen in kleinen Gemeinden schmackhaft zu machen. Die Idee: Dorf X verfügt über ein Haus mit mehreren wichtigen Funktionen. Dorfladen, Arztpraxis, Bürgerbüro, Vereinstreff und Café arbeiten unter dem Dach. Verknüpft wird dieses Mini-Zentrum mit einer „Mobilitätsstation“. Das Zusammenspiel, so die Hoffnung, soll nicht nur das Dorfleben verbessern, sondern auch passgenaue Nahverkehrsangebote hervorbringen.
Bis November 2023 konnten sich Kommunen und Landkreise beim federführenden Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft mit ihren Ideen bewerben. Sieben Modellprojekte wurden ausgewählt. Vor wenigen Tagen haben sie vor Ort mit der Arbeit begonnen. In der einjährigen Konzeptionsphase erhalten sie dafür jeweils eine finanzielle Förderung von bis zu 75.000 Euro. Nimmt das Projekt die nächste Hürde, wird es bis zu drei Jahre lang bei der Umsetzung unterstützt. Der Bund trägt dabei einen großen Teil der Personalkosten.
Bei „LandStation“ geht es nicht um die Fahrt von A nach B. Die Projekte sollen neue und bestehende Mobilitätsangebote vernetzen, bündeln und sichtbar(er) zu machen. Ein Stichwort lautet „Anschlussmobilität“. Wer einmal abends hilflos an einer Bushaltestelle im Nirgendwo gestanden hat, weiß, was gemeint ist.
Projekte teils sehr komplex
Die vom Bund gewünschte Kombination von Mobilitätsstation und Mehrfunktionshaus sorgt für eine Fülle teils sehr komplexer Modellprojekte. Vieles klingt neu und innovativ, manches verdeutlicht aber auch, dass zuvor andere ihre Hausaufgaben nicht gemacht haben oder den Gemeinden die Geldmittel fehlten.
So bemüht sich die Stadt Teuchern in Sachsen-Anhalt mit ihrem Konzept „Mobil & Miteinander Teuchern“ den erkennbar vernachlässigten Bahnhof und das Umfeld in den Griff zu bekommen. Denn die Deutsche Bahn kümmert sich nur halbherzig um ihre Immobilie und die Flächen ringsum. „Höchste Eisenbahn am Bahnhof Teuchern“ titelte im Sommer die Mitteldeutsche Zeitung. Helfen soll jetzt das Projekt. Die aus acht Ortschaften bestehende kleine Gemeinde will ein Multifunktionshaus in Teuchern mit zwei neuen Mobilitätsstationen und dem Bahnhof verbinden.
Im baden-württembergischen Bad Mergentheim sieht man dank der Bundesmittel die Möglichkeit, die denkmalgeschützte Scheune eines Fronhofs im Stadtteil Markelsheim zu sanieren. Aus ihr soll ein Haus der Begegnung werden – natürlich mit klimafreundlichen Mobilitätsangeboten. Der Ortsvorsteher schwärmt bereits von einem „echten Aushängeschild“.
Die Stadt Röbel/Müritz, die in Mecklenburg-Vorpommern als Zentralort die Geschäfte von 18 kleinen Gemeinden führt, will ein Jugend- und Gemeindehaus in Röbel zum Zentrum eines Verleihsystems für E-Lastenbikes machen. Und im bayerische Markt Offingen macht man endlich eine Lösung für den vor langer Zeit erworbenen leerstehenden Bahnhof aus: „UmsteigeStation Offingen“, künftig mit Coworking-Angebot.
An Kreativität hat es bei den Bewerbungen zweifellos nicht gemangelt. Ob sich aber der gewünschte Effekt einstellen wird und eventuell sogar modellhaft gute Lösungen geschaffen werden können, bleibt abzuwarten.
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