Im Spätsommer kommt der Ernteschock fürs Niederwild. Das Futterangebot wird deutlich knapper. Und spätestens wenn der Mais geerntet ist, ist in der modernen Agrarlandschaft auch die Deckung weitgehend verschwunden
Das Leid von Hase und Fasan ist die Freud´ von deren Fressfeinden. Deshalb ist eine scharfe Prädatorenbejagung im Niederwildrevier unerlässlich. Denn richtig ist zwar: „Nicht gefressen werden“ kommt vor „Schöner wohnen“. Aber die Bewirtschaftung der Ackerlandschaft hat erheblichen Einfluss auf deren Qualität als Lebensraum für viele Offenlandarten über das Niederwild hinaus.
Das vielfache Wehklagen über die ausgeräumte Feldflur und das Erinnern an die vermeintlich gute alte Zeit ist nur die halbe Wahrheit. Ausgeblendet werden dabei positive Aspekte der Entwicklung. Richtig ist, dass Maschinen immer schneller und ebenso wie die Schläge immer größer geworden sind. Vergessen wird jedoch oft, dass damit auch neue Bewirtschaftungsformen entstanden sind, nicht zuletzt auch, um rechtliche Vorgaben des Boden- und Gewässerschutzes erfüllen zu können. Dazu zählt auch der Zwischenfruchtanbau.
Zwischenfruchtanbau und Reviergestaltung
Gerade im Herbst können deshalb die Grundbesitzer als Inhaber des Jagdrechts, das sind in aller Regel Landwirte, und die Jäger ihrer gemeinsamen Verantwortung für das Wild gerecht werden. Am besten geht das in Kooperation miteinander. Deren Rahmenbedingungen formuliert die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) der EU. Die fordert vom Landwirt eine Mindestbodenbedeckung auf 80 Prozent der gesamten Ackerfläche inklusive Brachen. Als solche gelten Winterkulturen, mehrjährige Kulturen, unbearbeiteter (Stoppel-)Acker und Strohmulch mit Mulchauflage. Selbst Erntereste von Kartoffeln oder Zuckerrüben reichen aus. Unter jagdlichen Gesichtspunkten besonders interessant ist die Option des Zwischenfruchtanbaus. Über ihn kann der Landwirt auch seine Pflicht zur Stilllegung von vier Prozent der Ackerfläche erfüllen. Spätestens an diesem Punkt wird es für die Reviergestaltung interessant.
Auch wenn kein fester Termin für die Einsaat vorgeschrieben ist und der Zwischenfruchtbestand erst am 31. Dezember auf dem Acker vorhanden sein muss, ist es für das laufende Jahr sicher zu spät. Aber die Bedingungen gelten für die gesamte bis 2027 laufende GAP-Antragsperiode und beinhalten unter anderem ein Verbot des Einsatzes von Pflanzenschutzmitteln ab Ernte der Vorfrucht. Am besten wird bis August ausgesät, um die gewünschte positive ackerbauliche Wirkung zu erfüllen und gleichzeitig einen hochwertigen Wildtierlebensraum zu schaffen.
Gewünschte Abstimmung zwischen Landwirten und Jagdausübenden
Der Landwirt kann bei der Saatgutwahl frei entscheiden und wird sich unter pflanzenbaulichen Gesichtspunkten an der guten fachlichen Praxis orientieren. In der Folge greift er oft zu Ölrettich oder Senfsaaten. Da gibt es reichlich Auswahl mit Wuchshöhen von unter einem Meter bis deutlich über 1,5 Meter. Bei der Winterfestigkeit ist oft das Ziel, dass die Pflanzen bei Frost absterben und der Aufwuchs nur noch als Strukturelement erhalten bleibt. Revierinhaber sollten jedoch darüber mit den Bewirtschaftern sprechen. Denn für das Niederwild gibt es deutlich bessere Saatmischungen. Sie bieten gute Deckung und Äsung, die dann noch um das in den Zwischenfruchtflächen oft reichlich vorhandene Ausfallgetreide ergänzt wird.
Allerdings sind diese Mischungen mit rund 100 Euro je Hektar etwa doppelt so teuer wie reine Senfsaaten. Im Sinne der Hege ist die Investition allemal lohnenswert. Da ist es also durchaus sinnvoll, wenn Revierpächter und Landwirt über dieses Thema ins Gespräch. Hand in Hand können sie den Lebensraum aufwerten und für einen ackerbaulichen Gewinn sorgen. Wenn dann noch der Zwischenfruchtanbau gefördert wird, wie es einige Jagdgenossenschaften beim Einsatz hochwertiger Mischungen tun, tritt die Kostenfrage schnell in den Hintergrund. Zudem lässt sich mit einem klugen Zwischenfruchtanbau das Rehwild lenken und der Verbiss von Forstkulturen senken. Die Rehe nutzen nämlich dann auch im Winter die Feldflur als Einstand, weil es dort mehr Ruhe und Äsung gibt als im Wald.
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