Mit Beginn des neuen Jagdjahres am 1. April werden die meisten Jagdreviere verpachtet bleiben. Gelegentlich aber fragen sich Grundeigentümer als Inhaber des Jagdrechts, ob es für sie besser ist, die Jagd in eigener Regie zu halten

Grundeigentümer und Waldbesitzer halten die Möglichkeit zur eigenen Ausübung des Jagdrechts offensichtlich zunehmend für besser, um die Jagdausübung in eigener Hand oder Regie zu behalten. Besser meint hier in aller Regel beutereicher. Das zielt dabei in erster Linie auf Reh und Hirsch. Hintergrund solcher Überlegungen zur Eigenbewirtschaftung in einer sogenannten Regiejagd sind fast immer Klagen über einen zu hohen Verbiss junger Bäume. Hinzu kommt der in einigen Regionen massive Anbau nachwachsender Rohstoffe und Energiepflanzen wie Mais. Er erhöht das Risiko von Wildschäden besonders durch Sauen massiv.
Bei Neuverpachtungen drängen deshalb viele Pachtinteressenten darauf, die bisher übliche uneingeschränkte Übernahme der Wildschadensersatzpflicht zu begrenzen. Bei einer solchen „Deckelung des Wildschadens“ trägt der Verpächter einen wesentlichen Teil des Risikos. Sie kann in Extremfällen dazu führen, dass etwa Mitglieder einer Jagdgenossenschaft kein Pachtgeld mehr ausbezahlt bekommen, sondern sich flächenanteilig an Umlagen beteiligen müssen, um den Wildschadensersatz zu bezahlen.
Zwei Jagdmodelle stehen sich konträr gegenüber
Jagdrechtsinhaber wissen in aller Regel, dass es nicht möglich ist, einen minimalen Schalenwildbestand zu erreichen und gleichzeitig eine maximale Jagdpachteinnahme zu erzielen. Damit stehen sich zwei Jagdmodelle konträr gegenüber. Vor die Entscheidung zwischen diese beiden Pole gestellt, liebäugeln seit einigen Jahren verstärkt auch Genossenschaften und besonders kommunale Eigenjagdbesitzer mit der Eigenbewirtschaftung, die in den Landesforsten die traditionelle Jagdnutzung ist. Das gilt besonders für Süddeutschland. Sie wollen damit zwar das Heft des Handelns in die Hand nehmen, nicht aber Büchse und Flinte. Letzteres dürfen sie auch nicht. Denn ihnen steht zwar gesetzlich das Jagdrecht zu, nicht aber die tatsächliche Jagdausübung. Die kann nur an einen Pächter oder angestellten Jäger übertragen werden.
Schon bei diesem Punkt beginnen vielfach Fragen und Unsicherheiten. Denn außer einem Muster des Städte- und Gemeindebundes (GStB) Rheinland-Pfalz für einen Jagddienstvertrag gibt es kaum Material und Wissen, auf das man sich berufen kann. Unter der Leitung von Prof. Dr. Thorsten Beimgraben und gefördert vom baden-württembergischen Landesministerium für Ernährung, ländlichen Raum und Verbraucherschutz bemüht sich daher ein Projekt der Hochschule für Forstwirtschaft Rottenburg mit der Erstellung eines „Blitzhandbuchs“ für den Aufbau einer eigenbewirtschafteten Jagd. Ausgangspunkt ist die Untersuchung von Verbreitung und Aufbau von jagdlichen Eigenbewirtschaftungen.
Endergebnisse des in diesen Tagen endenden Vorhabens sind noch nicht publiziert. Eine Ersterfassung auf der Basis von Anfragen bei allen unteren Jagd- und Forstbehörden jedoch zeigt, dass 62 Kommunen und Jagdgenossenschaften, auf die sich die Studie konzentriert, auf Flächen zwischen 8.500 und 81 Hektar die Regiejagd praktizieren. In Bayern sehe die Eigenbewirtschaftung regional unterschiedlich aus bei einer insgesamt vergleichsweise hohen Zahl eigenbewirtschafteter Jagden in Oberbayern, so die Wissenschaftler. Sie gehen von einem Viertel bis einem Drittel in den zwei befragten Landkreisen aus.
Wenig Aufwand hat geringen Einfluss zur Folge
Eine erste Erkenntnis lautet, dass Eigenbewirtschaftung auch recht unkompliziert geht. Häufig seien dann Privatjäger die beauftragten Personen. Allerdings bedeute wenig Aufwand auch geringen Einfluss. Dieses Modell findet sich bei bäuerlichen Jagden in Oberbayern. Da organisiere der Jäger die Jagd und den Hochsitzbau. Eine Wildkammer gebe es ebenso wenig wie eine Verarbeitung des Wildes, das direkt von den Jägern abgenommen werde. Die Kosten für dieses Modell werden mit 0,66 bis 4,96 Euro je Hektar beziffert.
Nach verschiedenen Mischformen steht am anderen Ende der Skala die in kommunalen Jagden Baden-Württembergs betriebene Eigenbewirtschaftung, die mit hohem Aufwand betrieben viel Einfluss sichert. Die Organisation und den Wildbretverkauf übernimmt ein Förster, Forstwirte bauen Hochsitze. Eine neue Wildkammer wird eingerichtet und das Fleisch oft zu Burgern, Schnitzel und Steaks veredelt. Das alles hat seinen Preis mit jährlichen Kosten zwischen 9,38 und 92,70 Euro je Hektar.
Nicht erst die wirtschaftlichen Zahlen bestätigen die Einschätzung von Dr. Stefan Schaefer vom GStB Rheinland-Pfalz: „Im Vergleich der direkten Erlöse dürfte die Eigenbewirtschaftung der Jagd finanziell regelmäßig schlechter abschneiden als die Jagdverpachtung. Von entscheidender Bedeutung ist aber, ob die Eigenbewirtschaftung das Erreichen der (bislang infolge überhöhter Schalenwildbestände gefährdeten) waldbaulichen Ziele ermöglicht.“ Anders formuliert ist mit der Regiejagd kein Geld zu verdienen, sondern allenfalls Geld zu sparen.
Unternehmen als Jagddienstleister
Grundeigentümer verzichten also nicht nur auf oft beträchtliche Einnahmen durch die Jagdpacht, sondern zahlen sogar noch drauf. Das hat längst auch Unternehmen auf den Plan gerufen. Sie bieten sich als Jagddienstleister an, die alle Aufgaben rund um die Jagd übernehmen. Die Genossenschaft oder Kommune muss nur noch klare Ziele formulieren und deren Erreichung kontrollieren. Im Gegensatz zu einem angestellten Jäger oder Förster mit flexiblen Kündigungsfristen bestehen die Unternehmen aber fast immer auf ähnlich lange Vertragsdauern wie bei einem Jagdpachtverhältnis. Nur so rechnet sich das Geschäftsmodell, in dem alle Einnahmen dem Dienstleister zufließen. Die werden erzielt durch die Vergabe von Jagderlaubnisscheinen, den Verkauf von „Jagdpaketen“ mit einer festgelegten Abschusszahl für einzelne Schalenwildarten, Trophäenträger-Abschüssen oder den Verkauf von Gesellschaftsjagden, sei es in Form einzelner Stände oder kompletter Gesellschaftsjagden an Firmen, Verbände etc.
„Kriegserklärung an das wehrlose Wild“
Die rein ökonomische Betrachtung aber lässt außer Acht, welchen Preis das Wild zahlt. Bereits als die Stadt Ingelheim 1994 den Wechsel vollzog, löste dies in einer emotional aufgeladenen Debatte den bis heute gegenüber der Regiejagd bestehenden Vorwurf der „Kriegserklärung an das wehrlose Wild“ aus. Den kennen auch die Verantwortlichen der Pro Jagdkonzept GmbH. So heißt es in deren Facebook-Auftritt, ihnen werde „vorgeworfen, dass wir als ‚wilde Ballertruppe‘ unwaidmännisch und nicht im Sinne der ethischen Verpflichtung jagen“. Der Gründer und geschäftsführende Gesellschafter Uli Osterheld hat das gegenüber dem Fachmagazin WILD UND HUND zurückgewiesen. Er räumte aber ein, es sei nicht einfach, die richtigen Mitjäger zu finden. Die richtigen Jäger „sind diejenigen, die pro 100 Hektar im Jagdjahr zehn Stück Schalenwild erlegen. Um den einen zu finden, brauchen wir drei Jäger im Revier, also auf 1000 Hektar 30.“
Letztlich geht es in der Diskussion um zwei gegensätzliche Auffassungen von Jagd. Die eine folgt der Maxime Wald vor Wild. Reh, Hirsch und Gams werden dabei als Störfaktoren begriffen, die es möglichst auszuschalten gilt. Das andere Modell, dem die Stiftung natur+mensch und damit dieser Blog verpflichtet ist, setzt auf einen Wirtschaftswald mit Wild. Durch einen biologischen, aber auch gesellschaftsgerechten Umbau bietet dieser Wald den Wildtieren einen an deren biologische Bedürfnisse angepassten Lebensraum, wobei dieser nicht bzw. nur unwesentlich beschädigt wird.
Wer Regiejagd befürwortet ist nur ein Geschäftemacher, ein Wolf im Schafspelz.
Ich habe noch keine Gmbh erlebt, die keinen Gewinn erzielen möchte.