Suche nach dem Wald der Zukunft
- Christoph Boll
- 11. Feb.
- 3 Min. Lesezeit
Der Wald kämpft mit den Folgen von Schädlingsbefall und Klimawandel. Stürme heben ihn gelichtet. Regional gibt es große Ausfälle durch Kalamitäten

Weitgehend besteht große Einigkeit, dass der Wald widerstandsfähiger werden muss und auch künftig forstlich genutzt und allenfalls partiell sich selbst überlassen werden soll. Wie jedoch ein klimaresilienter, arten- und strukturreicher Wald aussehen muss, ist keineswegs ausgemacht. Antworten erhofft sich die schwarz-grüne Regierungskoalition in Nordrhein-Westfalen künftig von einem Institut für Waldökosystemforschung. Für dessen Aufbau stellt sie in den kommenden drei Jahren 1,5 Millionen Euro bereit, um die wissenschaftliche Forschung und den Praxistransfer zu fördern.
Die neue Forschungseinrichtung widmet sich damit dem gleichen Themenbereich wie das Thünen-Institut Waldökosysteme und das Forschungszentrum Waldökosysteme an der Georg-August-Universität Göttingen. Stets geht es um die Wirkung des Klimawandels auf Waldökosysteme und Optionen zur Anpassung von Waldbeständen und Waldbewirtschaftung. In Göttingen etwa nutzen die Wissenschaftler Daten des forstlichen Umweltmonitorings und eigene Erhebungen, um die wichtigsten Treiber für eine Änderung der Vitalität und Produktivität von Wäldern zu identifizieren. In internationalen Netzwerken werden Konzepte und Maßnahmen für ein adaptives Waldmanagement mit den Elementen Transfer von Baumarten und Herkünften sowie Änderung der waldbaulichen Behandlung von Waldbeständen entwickelt. Dabei geht es nach eigenen Angaben auch um die ökonomische Bewertung ökologischer Sachverhalte.
Das Forschungszentrum arbeitet disziplinenübergreifend und ist eine gemeinsame Einrichtung von drei Fakultäten (Forstwissenschaften und Waldökologie, Biologie, Geowissenschaften) und zwölf Abteilungen der Universität Göttingen. Es werden etwa 40 Jahre alte Dauerversuchsflächen in Solling, Harz und Göttinger Wald und dazugehörige meteorologische Messtürme mit kontinuierlicher Datenerfassung unterhalten. Das Zentrum spricht davon, dadurch stünden „einzigartige Datensätze und Messreihen zur Verfügung, die weltweit einmalig sind und einen unschätzbaren wissenschaftlichen Wert darstellen“.
Lücke in der Forstwissenschaft soll geschlossen werden
So weit ist man in NRW noch lange nicht. Das dort geplante neue Institut ist auch eine Folge des Scheiterns verschiedener Versuche, Professuren an den Universitäten Bonn und Münster zu etablieren sowie ein Hochschulangebot aufzubauen. Um diese Lücke zu schließen, wurde dann 2020 das Zentrum für Wald und Holzwirtschaft unter dem Landesbetrieb Wald und Holz gegründet. Es ging aus dem ehemaligen Lehr- und Versuchsforstamt Arnsberg hervor.
Um Synergien zu nutzen, sieht ein Antrag der grünen Landtagsfraktion vor, das neue Institut an der Fachhochschule Soest in Verbindung mit dem Zentrum für Wald- und Holzwirtschaft in Arnsberg zu realisieren. Damit wäre es in einer waldreichen Region angesiedelt und könnte mit bereits bestehenden Strukturen kooperieren, zumal die FH Soest einen klaren Landnutzungsschwerpunkt hat. Zudem wären die Voraussetzungen gegeben, dass Forschung und praxisnahe Lehre, auch in Kooperation mit dem Landesbetrieb Wald und Holz NRW, schnell in der Waldbewirtschaftung ankommen könnten. Zudem soll das Institut dem Fachkräftemangel in der Branche entgegenwirken. So zumindest die Hoffnung und das erklärte Ziel. Das sollte dann auch Unterstützung für die rund 150.000 Privatwaldbesitzer in NRW sein. Ihnen gehören 63 Prozent der insgesamt etwa 950.000 Hektar Wald (28 Prozent der Landesfläche). Bundesweit sind 30 Prozent der Fläche bewaldet (10,7 Millionen Hektar).
Welche Baumarten zur Wiederbestockung?
Die NRW-Landesregierung will mit den insgesamt 1,5 Millionen Euro in den kommenden drei Jahren ein Konzept für die Umsetzung erarbeiten und führt bereits Gespräche zur Realisierung des Instituts. Optimisten wünschen sich einen konkreten Startschuss noch in diesem Jahr. Am Ende wird es für die Praktiker auch darum gehen, mit welchen Baumarten die immens energieaufwendige Wiederbestockung der Kahlflächen erfolgt. Dominieren heute in Deutschland die Nadelbäume Fichte (25 Prozent) und Kiefer (23 Prozent), gefolgt von den Laubbäumen Buche (16 Prozent) und Eiche (10 Eiche), so ist für Dr. Peter Pröbstle, Leiter der Bayerischen Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft (LWF), klar: „Fichtenreinbestand wollen wir in Zukunft nicht mehr. Ein Mischbestand ist einfach stabiler gegenüber allen Risiken.“
Dabei geht es dann um heimische Arten wie Eiche, Tanne, Speierling oder Elsbeere, die gerne auch mal aus südlicheren Ländern kommen dürfen. Denn, was in einem Klima wächst, das bei uns in 50 bis 100 Jahren zu erwarten ist, berechtigt zu der Annahme, auch hier bestehen zu können. Allerdings macht es keinen Sinn, Bäume zu pflanzen, die vielleicht in Jahrzehnten gut gedeihen, wenn sie heute der Kälte nicht Stand halten. Zu den Arten, von denen die meisten Fachleute jetzt und im künftigen Klima eine hohe Überlebenswahrscheinlichkeit erwarten, zählt die nordamerikanische Douglasie.
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