Leben nach der Feuersbrunst
- Frank Polke
- 4. März
- 3 Min. Lesezeit
Mit sandigen Böden und sehr vielen Kiefern gehört Brandenburg zu den trockensten Gegenden bundesweit. Großflächige Brände haben dort zu schweren Schäden geführt. Jetzt hat die Wissenschaft erste Ergebnisse präsentiert, wie die Zukunft dort aussehen kann

Die Erinnerung kehrt zurück ins Jahr 2018. Tausende Hektar Wald standen in diesem Sommer allein in Brandenburg in Flammen. Die langanhaltende Dürre im Frühsommer des Jahres – ältere Einheimische sprachen sogar von einer Jahrhundertdürre –, dazu immer wieder aufkommende Winde setzten vor allem zwischen Potsdam, den Kreisen Mittelmark und den westlichen Ausläufern der Stadt Berlin ganze Landstriche in Flammen. Besonders heikel damals: Als Folge der schweren Kämpfe zum Ende des Zweiten Weltkrieges, die vor allem im Großraum Berlin und im Gebiet zwischen der Oder und Berlin getobt hatten, lagen Hunderte Bomben und Weltkriegsmunition im Erdreich. Das Feuer ließ einige davon explodieren. Folge: Dörfer mussten evakuiert werden, der Kampfmittelräumdienst war im Dauereinsatz, Explosionen der Weltkriegsmunition und Bomben waren sogar bis in den Westen Berlins zu hören. Gruseln im politischen Großstadt-Betrieb, der aber schnell wieder zur Berlin-Mitte-Zentriertheit überging.
Nur mit einem riesigen Aufgebot der Feuerwehr, des Technischen Hilfswerks und sogar der Bundeswehr konnte das Feuer im westlichen Brandenburg nach einigen Wochen gelöscht werden. Ein Jahr später brannte es wieder, diesmal weiter östlich. Zurück blieben verbrannte Waldflächen, nicht mehr benutzbare Felder, Millionenschäden für private und staatliche Waldeigentümer. Und die bange Frage: Wie kann Forstwirtschaft, wie können Bäume überhaupt wieder dort wachsen, wo Flammen hektarweise die Böden vernichtet und verbrannt hatte?
Wie erholen sich die Böden?
Es gibt nun erste gesicherte Erkenntnisse darüber, wie das gelingen kann. Wissenschaftler von acht Institutionen aus ganz Deutschland untersuchten eine 2018 abgebrannte Waldfläche in Treuenbrietzen und den 2019 verbrannten Wald im nicht weit entfernten Wildnisgebiet Jüterbog. Ein zentrales Ergebnis: Laubbäume wie vor allem die Zitterpappel haben sich seit der Feuersbrunst gut bis sehr gut entwickelt. Sie sind widerstandsfähiger gegen Feuer als zum Beispiel Kiefern.
Nach Angaben von Pierre Ibisch, Professor an der Hochschule für nachhaltige Entwicklung in Eberswalde, haben die Zitterpappeln in den beiden untersuchten Forstgebieten schon jetzt eine Höhe von etwa fünf Meter. „Diese Laubbäume, die sich durch natürlichen Samenflug ausbreiten, sind wohl eine Art Überlebenskünstler“, fasste der Professor für Sozialökologie der Waldökosysteme nach Auswertung der zentralen Forschungsergebnisse zusammen. Aber auch seltene Pilze und Exemplare des Haarscheinrüsslers, einer Käferart, wurden in den Untersuchungsgebieten entdeckt. Ibisch leitete das fünfjährige Forschungsprojekt „Pyrophob“ zu Auswirkungen von Waldbränden im Kiefernforst – ein bundesweit einzigartiges Projekt.
„Kiefernsetzlinge haben kaum eine Chance“
Einige weitere Ergebnisse: Die Bearbeitung der durch die Brände und die Trockenheit geschädigten Böden ist aktuell besonders aufwendig und teuer. Die Bodenstruktur, so steht es wörtlich in dem Bericht, habe sich durch das Feuer deutlich verschlechtert. „Neu gepflanzte Kiefernsetzlinge auf Kahlschlägen haben auf diesen Böden kaum eine Chance.“ Die Wissenschaftler plädieren dafür, Totholz nach Waldbränden auf den Flächen zu lassen.
Auch habe es gewisse Unterschiede zwischen den untersuchten Forstgebieten gegeben: Während sich die Natur in Treuenbrietzen nach dem Feuer 2018 bereits wieder recht gut erholt habe, sei die Lage in Jüterbog immer noch nicht so gut. Dort hatte es 2019 gebrannt. Biologe Ibisch: „In Jüterbog finden wir selbst für Brandenburg extrem sandige Böden. Mit fortschreitendem Klimawandel müssen wir damit rechnen, dass die Ökosystemerholung nach derartigen Störungen wie Feuer und Hitze weniger zuverlässig sein wird.“ Dies habe Aussagekraft auch für andere Regionen und weit über Brandenburg hinaus.
Am 1. März wurde in Brandenburg offiziell die Beobachtung der Waldbrandgefahr wieder aufgenommen. Man hofft, wie in den beiden vergangenen Jahren durch ausreichend Regen glimpflich davonzukommen. Eine Sicherheit dafür gibt es nicht.
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