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Wolfgang Molitor

Wer wird denn weinen ...

Ob mit Trittin, Gysi oder Wagenknecht: Angela Merkels angekündigte Auftritte überraschen – und unterstreichen damit die wachsende Distanz zur CDU


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Altkanzlerin Angela Merkel (Foto: Tim Reckmann / pixelio.de)
Altkanzlerin Angela Merkel (Foto: Tim Reckmann / pixelio.de)

Es wird ihr bisher nicht schwergefallen sein zu schweigen. Seit zweieinhalb Jahren hält sich Angela Merkel mit öffentlichen Äußerungen zur aktuellen Politik zurück. Nach dem Ende ihrer 16-jährigen Amtszeit als Bundeskanzlerin war die 69-Jährige weitestgehend abgetaucht. In der CDU war man nicht unglücklich darüber, auch wenn sich Merkel Schritt für Schritt unspektakulär von ihrer Partei entfernte, die ihre krachende Wahlniederlage 2021 aus Bequemlichkeit nicht Merkel, sondern ihrem unglücklichen Kandidaten Armin Laschet ankreiden konnte. Reichlich gewagt.

 

Jetzt aber windet sich Merkel offenbar auf die kleineren Bühnen der Tagespolitik zurück. Als Privatperson. Aller Ämter ledig und ungebunden. Dennoch werden ihre Termine mit verwundertem Interesse wahrgenommen, die durch geleakte Chat-Nachrichten (also absichtsvolle Schnüffelei) das Licht des Tages erblicken. Denn siehe da: Merkel gibt vor allem den politischen Gegnern von einst die Ehre.

 

Eine Rede beim parlamentarischen Abschied des linken Grünen-Idols Jürgen Trittin, offenbar ein Auftritt bei der Buchvorstellung des SED/PDS/Linkspartei-Denkmals Gregor Gysi (mit den launigen Titel „Ich, der Ober-Ossi“, den auch Merkel für sich in Anspruch nehmen könnte), dazu ein Auftritt vor der SPD-Bundestagsfraktion, ein Gespräch mit dem liberalen Quälgeist Wolfgang Kubicki, ein Treffen mit den Spitzen der Ampel am Tag der offenen Bundestagstür – und als Sahnehäubchen ein eher privater Gedankenaustausch mit Sahra Wagenknecht am Rande des BSW-Parteitages.

 

Das alles wäre kaum der Rede wert und im Reich eines aufgeweckten Politrentnerdaseins anzusiedeln, würde sich nicht immer wieder eine höchst spannende Frage darüberlegen. Die heißt: Wie hält es Merkel mit der Union? Schließlich hat die Altkanzlerin mittlerweile der Hinweise genug gegeben, dass sie mit der CDU so viel nicht mehr am Hut hat. Der Konrad-Adenauer-Stiftung gab sie vielsagend spröde einen Korb, das Antragen des Ehrenvorsitzes saß sie kühl aus, die Teilnahme an Bundesparteitagen hat sie entfremdet aus ihrem Terminkalender gestrichen. 

 

Wachsende Distanz und gepflegte Gleichgültigkeit

 

Das alles in Merkel-Manier: ohne Schröder´sche Plusterei, ohne besserwisserische Ich-bin-noch-wer-Ratschläge, auch ohne öffentliche Konfrontation und das Buhlen um einen Platz in der deutschen Nach-Mauer-Geschichte. Das wird wohl so bleiben. Auch deshalb ist man im Konrad-Adenauer-Haus nicht unglücklich darüber, die wachsende Distanz und gepflegte Gleichgültigkeit zwischen Merkel und der Partei problemlos einzugestehen. Emotional verkümmert, aber mit dem nötigen Respekt, natürlich.

 

In der Tat ist ist die Merz-CDU keine Merkel-Union mehr. Sie hat ein Stück konservatives Profil zurückgewonnen, sieht sich in der Opposition wieder als Gegenpart zu den anderen Parteien statt als Koalitionspartner in spe. Ein der bitteren Realität geschuldeter härterer Migrationskurs, eine krisengeschuldete Rückbesinnung auf wirtschaftliche Grundwerte und auf finanzierbare, treffgenauere Sozialprogramme – es ist Spekulation, ob Merkel als Partei-Chefin vieles davon zugelassen hätte. 

 

Dass die großkoalitionäre Endphase ihrer Amtszeit nachvollziehbar als Einstieg in viele heutige Probleme und Versäumnisse gewertet wird, lässt es großen Teilen der CDU und ihrer Spitze obendrein leichtfallen, sich Merkels kühle Schulter nicht zu Herzen zu nehmen. Und so halten sich Merkel und die CDU an einen Schlager, den Hugo Hirsch schon vor über 100 Jahren zu einem Evergreen textete: Wer wird denn weinen, wenn man auseinandergeht.

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