Aus dem Revier auf den Teller
- Christoph Boll
- 18. Feb.
- 3 Min. Lesezeit
Zunehmend geben junge Jägerinnen und Jäger an, dass das selbst erbeutete Wildbret für den eigenen Verzehr ein wichtiges Motiv für den Erwerb des Jagdscheins war

Wildessen liegt im Trend und ist damit gegenläufig zu einer allgemeinen Entwicklung. Denn Fleischkonsum ist zwar so alt wie der Mensch selbst. Doch der Pro-Kopf-Verbrauch ist in den vergangenen drei Jahrzehnten um etwa 20 Prozent auf gut 50 Kilogramm im Jahr gesunken. Das ist auch begründet in einem lauter werdenden Ruf nach Tierwohl. Er geht einher mit dem Hinterfragen, wo das Tier herkam, wie es gelebt hat und wie es gestorben ist.
Beim Konsum von Wildbret erübrigen sich diese Fragen. Bis auf die Umstände des Todes kann man eines sicher sagen: Das Tier lebte in seiner natürlichen Umgebung – frei von Zäunen und Antibiotika. Die Nachfrage nach heimischem Wildfleisch dürfte nicht zuletzt deshalb ansteigen. Laut einer repräsentativen Umfrage im Auftrag des Deutschen Jagdverbandes (DJV) halten 84 Prozent der Deutschen Wildbret für ein gesundes, natürliches Lebensmittel. Vor zwei Jahrzehnten waren es 70 Prozent. 55 Prozent der Befragten geben an, mindestens einmal jährlich Wild zu essen. Mehr als die Hälfte (51 Prozent) geht dafür ins Restaurant, ein knappes Viertel (23 Prozent) besorgt sich das Wildbret beim Metzger und etwa ein Fünftel (18 Prozent) sogar direkt bei den Jägern.
Die haben in der zurückliegenden Jagdsaison (1. April 2023 bis 30. April 2024) insgesamt 26.951 Tonnen Fleisch aus der Region von Wildschwein, Reh und Hirsch vermarktet. Das sind laut DJV acht Prozent mehr als in der Saison zuvor. Umgerechnet in Wildbratwürste, die immer beliebter werden, wären das 270 Millionen Stück – also 3,2 für jeden Bundesbürger. Fast die Hälfte des Fleisches (49 Prozent) stammt vom Wildschwein. Danach folgen Reh (36), Rothirsch (10) und Damhirsch (5).
Die zur Verfügung stehende Wildbretmenge hängt natürlich von der Gesamtjagdstrecke ab, die von Wildart zu Wildart stark schwanken kann. Das gilt besonders bei Wildschweinen. Sie sind unter allen Paarhufern in Mitteleuropa die Art mit der höchsten Zuwachsrate, die bezogen auf Grundbestand und Jagdjahr bis zu 300 Prozent betragen kann. Abhängig ist das etwa von der Witterung, grassierenden Krankheiten und der Bejagungsintensität. Insgesamt ist die Nachfrage nach Wildfleisch höher als das Angebot aus heimischen Revieren, das nur 60 Prozent des Bedarfs deckt. Der Rest wird importiert, hauptsächlich aus Osteuropa, Spanien, Großbritannien, Neuseeland, Australien und Südamerika. Doch auch damit kommt jeder Bundesbürger statistisch nur auf zwei Wildmahlzeiten pro Jahr.
Der Tierrechtsorganisation Peta ist auch das schon zu viel. Um Menschen von einer möglichst veganen Lebensweise zu überzeugen, behauptet sie im Internet: „Wildbret kann sogar stark mit gesundheitsschädlichen Stoffen belastet sein – dazu gehören Blei, radioaktive Strahlung und Keime.“ Da muss man schon genau lesen. Mit „kann“ wird nicht behauptet, dass es so ist, nur dass es so sein könnte. So funktionieren Ideologie und Angstmache. Dahinter stehen etwa die weitgehend überholte Verwendung bleihaltiger Munition und die Folgen des Reaktorunfalls in Tschernobyl 1986. Danach war Wildfleisch in einigen Regionen Deutschlands tatsächlich radioaktiv belastet. Dabei ging es vorrangig um Wildschweine, die viel Nahrung beim Wühlen im Erdreich aufnehmen. Besonders betroffen waren Thüringen, Bayern und Baden-Württemberg. Knapp vier Jahrzehnte später hat die Radioaktivität durch die natürlichen Zerfallsprozesse deutlich abgenommen, was das Risiko für strahlenbelastetes Wildbret erheblich verringert hat. Jäger in Risikogebieten müssen gleichwohl erlegte Wildschweine noch immer auf Strahlenbelastung untersuchen lassen. Der gesetzliche Grenzwert für Wildbret, das in den Handel kommen darf, liegt dabei mit 600 Becquerel pro Kilogramm Fleisch deutlich unter der definierten Schwelle für eine Gesundheitsgefährdung.
Seriöse Ernährungswissenschaftler betonen deshalb die positiven Aspekte von Wildbret, und 82 Prozent der Menschen halten es laut DJV-Umfrage für ein gesundes, natürliches Lebensmittel. Es hat im Vergleich zu anderem Fleisch einen niedrigen Cholesterin- und Fettgehalt, insbesondere in Bezug auf gesättigte Fette, und enthält mehr Omega-3-Fettsäuren und Proteine. Wildfleisch enthält mehr Antioxidantien und viele wertvolle Spurenelemente wie Eisen und Zink.
Angebot ist abhängig von den gesetzlichen Jagd- und Schonzeiten
Wurde Wild früher vorrangig im Herbst und Winter gegessen, so ist es heute fast ganzjährig verfügbar. Das Angebot ist aber immer abhängig von den gesetzlichen Jagd- und Schonzeiten. Das Fleisch muss einige Tage abhängen, damit es seinen typischen Geschmack ausbildet und mürbe wird. Direkt nach dieser Reifezeit schmeckt es am besten, hält allerdings dann nur einige Tage. Küchenfertiges, frisches Wildbret sollte daher vor der Verarbeitung höchstens zwei bis drei Tage im Kühlschrank lagern. Nicht zeitnah verbrauchtes Wildfleisch sollte möglichst schnell eingefroren werden. Dann ist es je nach Tierart – je größer, desto länger lagerfähig – sechs bis zwölf Monaten haltbar. So gibt es etwa im Sommer herrliche Grillsteaks von Sau, Hirsch und Reh.
Schon lange gibt es spezielle Wild-Kochbücher und gute Rezepte im Internet, mehr als 400 davon auf der Seite wild-auf-wild.de. Dort finden Interessenten über eine Postleitzahlsuche auch mehr als 2.000 regionale Anbieter von Wildbret und Restaurants. Der DJV hat bereits elf Rezeptbroschüren herausgebracht. Darunter sind Ideen zur Outdoor-Küche, für den Grill oder Kindergerichte. Erhältlich sind die als kostenfreie PDF-Dateien ebenfalls im weltweiten Netz.
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