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Ziele der Grünen für den ländlichen Raum: Große Lücken

Christian Urlage

Die Grünen-Bundestagsfraktion beschreibt auf ihrer Website die ländlichen Räume mit treffenden Beobachtungen. Doch in ihren politischen Zielen fehlen entscheidende Punkte, um das Leben von Dorfbewohnern und Kleinstädtern zu verbessern


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Foto: pasja1000
Foto: pasja1000

Ein Lob der ländlichen Räume steht seit einigen Wochen auf der Homepage der Grünen im Bundestag: Sie betonen zu Recht, dass mehr als die Hälfte aller Menschen in Deutschland gern auf dem Land lebt. Und dass ländliche Regionen in Deutschland vielfältig sind, von industriell geprägten Gebieten bis zu touristischen Orten.


Die Grünen sehen eine große Chance für die ländlichen Räume: „Es ist das Zuhause von vielen Familien, das Handwerk ist stark vertreten und die erneuerbaren Energien kommen von hier.“ Die Grünen-Fraktion nennt Ziele: Sie will das Leben in ländlichen Regionen zukunftsfest und lebenswert gestalten, unter anderem durch bessere Infrastruktur, erneuerbare Energien und nachhaltige Mobilität. Dafür setzen die Abgeordneten auf eine finanzielle Unterstützung für Kommunen und Unternehmen.


Land- und Forstwirtschaft kommen nicht vor


Die Grünen würdigen die ländlichen Gebiete für Deutschlands Wohlstand, da sie die Hälfte der Wirtschaftsleistung erbringen. Das klingt erst einmal gut und richtig, und wer würde widersprechen? Sinnvoll ist es auch, eine nachhaltige Mobilität, eine gute Gesundheitsversorgung und eine digitale Infrastruktur für die ländlichen Räume anzustreben.


Doch bemerkenswert ist, was unter dem Punkt „Das wollen wir anpacken“ steht – und was fehlt. Die grünen Bundestagsabgeordneten erwähnen weder die Land- noch Forstwirte, obwohl ihre Partei im Bund den Landwirtschaftsminister stellt und es rund 250.000 landwirtschaftliche Betriebe in Deutschland gibt. Auch die zunehmende Zahl der Fernpendler – 3,9 Millionen legen zur Arbeit mehr als 50 Kilometer zurück – kommt nicht vor. Zwar wollen die Grünen den Öffentlichen Personennahverkehr mit Rufbus- und On-Demand-Systemen ausbauen. Doch das hilft denen nicht wirklich, die jeden Tag mit der Bahn, Bus oder Auto viele Kilometer zu ihren Arbeitsplätzen zurücklegen müssen.


Was hat das Demokratiefördergesetz mit dem ländlichen Raum zu tun?


Bedarfsgerecht ausstatten wollen die Grünen den Kinder- und Jugendplan, um zum Beispiel die Öffnung von Vereins- und Kirchenräumen für Jugendliche nach 17 Uhr zu fördern. Zudem wollen die Grünen für den ländlichen Raum das Demokratiefördergesetz anpacken, um zivilgesellschaftliches Engagement gegen Demokratiefeinde finanziell zu fördern, vor allem Projekte gegen Rechtsextremismus. Ein Entwurf liegt schon länger vor, scheiterte aber in der Ampel-Koalition an Vorbehalten der FDP. Die Liberalen verlangten zu Recht eine Extremismusklausel im Gesetz, um die Förderung linksradikaler Gruppen auszuschließen, was Grünen und Sozialdemokraten missfiel.


Fördern wollen die Grünen „gemeinschaftliche Wohnformen für Senior*innen“, damit Menschen so lange wie möglich in ihrem gewohnten Umfeld leben können. Während man sich fragt, was der Kinder- und Jugendplan, altersgerechte Wohnungen und ein Demokratiefördergesetz explizit mit dem ländlichen Raum zu tun haben, kommen zentrale Fragen für dünn besiedelte Gebiete nicht vor. Zum Beispiel die Schließung von Krankenhäusern und damit verbunden weitere Wege zur nächsten Klinik.


So bleibt angesichts der mageren Ziele der Eindruck, dass die Grünen viele Probleme gar nicht kennen, mit denen sich Landbewohnerinnen und -bewohner täglich herumschlagen. Ihre Behauptung, der Gegensatz zwischen Stadt und Land werde oft übertrieben, sehen viele Betroffene wohl anders.

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