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- Es gibt viele Argumente für die Jagd und gegen ihre Gegner …
Die Jagd ist die älteste Form der Naturnutzung. Und sie weckt Emotionen – dafür und dagegen. Eine Konfliktlinie verläuft auch zwischen Naturferne und Naturnähe. Hier eine gemeinsame Betrachtung dazu Foto: dustinthewind Unabhängig vom Vorhandensein des Menschen kennt die Natur keine Gewaltlosigkeit – genauer analysiert aber auch keine Gewalt im menschlichen Verständnissinn. Gegen solche Logik sind wir nicht ohnmächtig. Natur ist – unabhängig ob Tiere oder Pflanzen – von Beginn an einem permanenten Verdrängungsprozess unterworfen, der die Ausrottung einzelner Arten einschließt. Genau dieses Prinzip kennt die Jagd nicht. Sie verfolgt auch den Fortbestand von Arten, die – vor allem auch – durch menschliches Einwirken in der Natur zum Aussterben verdammt wären. Jagd bestätigt die Logik, dass der Mensch nachhaltig nur schützt, was ihm einen Wert darstellt. Die Existenz eines möglichst artenreichen Wildbestands liegt also unbestritten im Interesse der Gesellschaft und der Jägerschaft. Das finanzielle Engagement vieler Beteiligter in der Jägerschaft für den Artenschutz wird anderen Organisationen zur Nachahmung empfohlen. Artenschutz zum Nulltarif gibt es nicht. Geld ist durch Emotion nicht zu ersetzen – Jäger investieren beides in den Erhalt der Artenvielfalt. In der Erwartung, dass die Kritik an der Nahrungsnutzung von Tieren nach der Jagd auch die bäuerliche Tierhaltung betreffen wird, verweisen Jägerinnen und Jäger auf die vielfältige Bedeutung, die Jagd und bäuerliche Landwirtschaft für den Erhalt der Kulturlandschaft haben. Heimat wird nicht wiederzuerkennen sein, wenn auch die bäuerliche Landnutzung wegfallen sollte. Verzicht auf Jagd wäre gesellschaftsverträglich nicht umsetzbar Realität ist, dass auch zahlreiche Nutztierrassen nicht überleben werden, wenn Bauern und Jäger durch Wegfall der Fleischverwertung ihre Existenzgrundlage verlieren. Eine sich in großer Mehrheit vegetarisch ernährende Menschheit wird die zum Artenerhalt notwendigen Mittel nicht aufbringen können und wollen. Schließlich bezweifelt die Jägerschaft aus gutem Grund, dass der Verzicht auf die Jagd gesellschaftsverträglich umsetzbar wäre. Die Konfliktfelder reichen von Wildschäden, die auch vegetarische Nahrungsgrundlagen bedrohen, bis zur Frage, ob unsere Zivilisation einem Zusammenleben mit einer unkontrollierten Raubtierpopulation (auch mental) wirklich gewachsen wäre. Beispielhaft zu verweisen wäre einmal auf Schweden, wo nach anfänglicher Raubtier-Begeisterung breiter Gesellschaftsschichten die Jagd auf Bären und Wölfe wieder zugelassen wurde. Der Wolf ist nicht gefährdet, aber in seinem Bestand verträglich unter Kontrolle. Damit ist auch der von ihm verursachte Schaden unter Kontrolle. Letztlich konzentriert sich die Konfliktlage auf die Frage, ob die Dominanz des Menschen in der Natur aufgegeben werden soll. Ein solches Wollen beträfe eine Fülle von Lebensbereichen weit über die Jagd hinaus. Ohne die Jagd oder andere – wohl fragwürdigere – Methoden der Bewirtschaftung von Wildtierbeständen ergäbe sich eine Fülle von Folgeproblemen. Letztendlich geht es um die Erkenntnis, dass die Jagd ein wesentlicher Bestandteil unserer Zivilisation ist. Die Suche nach Alternativen wäre ein riskantes Experiment mit höchst ungewissem Ausgang.
- Unsere Wochenkolumne nach dem schwarz-roten Schulterschluss
Liebe Leserin, lieber Leser, wir können nach dieser historischen Woche hoffentlich eine stabile Regierung erwarten. Die noch zu bestätigende Koalition heißt nicht groß, sondern nutzt die im Sprachgebrauch gängigen Parteifarben schwarz-rot. Der Titel lautet schlicht „Verantwortung für Deutschland“ . Er enthält die Aussage „Die Mehrheit der Menschen in Deutschland lebt in ländlichen Regionen“. Das wird in der Alltagspolitik und ihren Schlagzeilen oft vergessen, trifft aber die Motivation für die Themen, mit denen sich unsere Redaktion von natur+mensch regelmäßig im Blog und diesem regelmäßigen Wochenkommentar und ihrem E-Mail-Newsletter befasst. Wir blicken so insbesondere durch die Brille der Jagd auf ihr gesamtes Umfeld, mit dem sie in der Praxis vielfältig vernetzt ist. Vieles geht von der Politik aus, wenn wir unsere Kommunikation unter die Erkenntnis setzen „Jagd funktioniert nur, wenn der ländliche Raum funktioniert“ . Auch ich war der Empfänger einer WhatsApp-Nachricht am Mittwoch aus einer Berliner Quelle über erste Inhalte des Koalitionsvertrages mit dem vermeintlichen Schlusspunkt einer Personalliste für das geplante Kabinett. Sofort folgte der Hinweis „Liste ist alt“. Das deutet darauf hin, dass die kursierenden und inzwischen weit verbreiteten mutmaßlichen Namen für die Damen und Herren Minister im Verhältnis von CDU, SPD und CSU mit 7-5-3 aus dem inneren Kreis versehentlich zu früh herausgelassen wurden. Die Liste wurde wieder einkassiert, kursierte aber in verschiedenen Social-Media-Kanälen. Formal sind die Personalentscheidungen nicht gefallen. Vielleicht besteht auch noch Korrekturbedarf. Gleichwohl sind da Namen in der Welt, auf die es zum Teil herauslaufen wird. Zunächst einmal ist die Kabinettsstruktur gerade für unseren Bereich bemerkenswert . Es gibt zwar ein Ministerium mehr. Das ist aber nicht darauf zurückzuführen, dass „Ernährung, Landwirtschaft und Heimat“ (CSU – Michaela Kaniber?) und „Umwelt, Klimaschutz, Naturschutz und nukleare Sicherheit“ (CDU – Andreas Jung?) neu zugeschnitten werden. Die Bayerin und der Baden-Württemberger hätten, wenn es denn so kommt, in den vielen absehbaren Schnittbereichen wenig zu erwartende Abstimmungsschwierigkeiten. Das wäre für Landwirtschaft und Forst unter Einschluss der jagdlichen Belange sicher gut. Warten wir mal ab, was dann am Ende nach Zustimmung der Parteigremien und insbesondere mit Blick auf die SPD-Mitgliederbefragung aus Spekulationen Wirklichkeit wird. Die Absegnung, die bereits am Donnerstag im einfachen Verfahren eines Vorstandsbeschlusses durch die CSU erfolgt ist, bleibt Voraussetzung für das Zustandekommen der Regierung Merz. Am 28. April soll das für die CDU der kleine Parteitag erledigen. Und dann ist wohl am 6. oder 7. Mai die Kanzlerwahl. Dann kommt es auf die Inhalte an Der Koalitionsvertrag will neues Vertrauen in die Lösungskompetenz des Staates auslösen. So haben es Friedrich Merz und Lars Klingbeil bei dessen Präsentation in den Arbeitsräumen des Deutschen Bundestages, dem „Paul-Löbe-Haus“ , vermittelt. Ihr Einigungsdruck kam von innen und außen . Drei Jahre Wirtschaftsflaute, offensichtlich falsche Weichenstellungen der Ampel sowie der poröse Zustand Europas. Vielleicht festigt sich da auch mit unserer designierten Kanzlerschaft nach dem Start eines amerikanischen Präsidenten, der konfus mit Wirkung auf die Weltwirtschaft und die internationale Sicherheit keinen Stein auf dem anderen lässt. Dementsprechend bewegt sich die Kritik am schwarz-roten Vertragswerk im Inneren nach erster Beobachtung für die Protagonisten von Union und SPD im Rahmen. Die Skeptiker sind in der Minderzahl und die Opposition reagiert so, wie sie reagieren muss. Auf das Thema Finanzierung konzentrieren sich viele Kommentatoren. Da hängt nun einmal viel davon ab, ob und wie unsere Wirtschaft aus der Flaute kommt und damit Steuern und Sozialversicherungsbeiträge durch bessere Geschäfte wieder anziehen. Ein Lieblingskind der SPD, der Mindestlohn etwa, wird im ländlichen Bereich möglicherweise Folgen auslösen, die noch nicht abzusehen sind. Das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) hat die Gesamtkosten der geplanten Entlastungen auf 50 Milliarden Euro prognostiziert. Dagegen stehen erst einmal verabredete „Eigenleistungen“ der neuen Koalition zur Finanzierung wie Einsparungen durch die Reduzierung der Verwaltungskosten bis 2029, durch weniger Stellen, Halbierung der Zahl der Regierungsbeauftragten (bisher 43). Allein das Büro der beauftragten Staatsministerin für Migration hat neben ihrem Leitungspersonal acht weitere Referate. Das ist nur ein beispielhafter Einzelfall dafür, was hinter der Funktion der Beauftragten steckt. Die Finanzierbarkeit dessen, was im Koalitionsvertrag steht, wird gleichwohl ein Knackpunkt für den Regierungsalltag bleiben. Zum Thema solider Staatsfinanzen begleitet mich im Büro seit vielen Jahren ein heute noch wahrlich aktuelles Zitat von Cicero (siehe Bild rechts). Was haben die Menschen im ländlichen Raum zu erwarten? Unser Autor Christian Urlage hat sich bereits in seinem aktuellen Beitrag im Detail damit beschäftigt , was die Menschen zu erwarten haben, die im ländlichen Raum leben und zum überwiegenden Teil auch arbeiten. Er ist das erst einmal technisch über die Volltextsuche in den 146 Seiten Koalitionsvertrag mit dem Stichwort „ländlich“ angegangen. Das hat immerhin 24 Treffer gebracht. Dazu gehören natürlich Landwirtschaft, Waldwirtschaft, Ernährung, Umwelt bis hin zur Jagd. Da fällt auf, dass künftig das Thema Wolf mit einer „rechtssicheren Entnahme“ anders angegangen werden soll als bisher. Der geplante Herdenschutz wird auch Auswirkungen auf viele Reviere haben. Jedenfalls wird angekündigt, den Wolf ins Jagdrecht zu nehmen. Zur Bekämpfung des illegalen Waffenbesitzes soll das Waffenrecht „evaluiert und fortgeschrieben werden“. Das lässt auch in diesem Bereich für unsere Jägerinnen und Jäger auf mehr Rechtssicherheit und sachgerechte Behördenarbeit hoffen. Foto: Amprion GmbH / Frank Peterschröder Und es wird auch betroffene Landwirte freuen, dass beim sicher dringenden Netzausbau mehr auf Freileitungen gesetzt werden soll als wie bisher auf Erdkabel. Diese führen für betroffene Landwirtschaftsbetriebe bei allen Entschädigungsregelungen nun einmal zu erheblichen Eingriffen. Ein Betroffener im Teutoburger Wald, bei dem Erdverlegung bereits läuft, hat mir gezeigt, wie es aussieht, wenn der obere Boden eines Ackers abgetragen wird und auf ca. 50 Metern Breite ein kilometerlanger Graben gezogen wird. Er erwartet bei diesem Eingriff in sein Eigentumsrecht eine „Fußbodenheizung“ unter seinen Feldern, die im Normalbetrieb rund 40 Grad abgeben wird und im Höchstbetrieb auf bis zu 80 Grad ansteigt. Der Netzbetreiber Amprion hatte sich bereits auf den Vorrang von Erdkabeln festgelegt und beklagt nun die neue Richtungsentscheidung zu diesem Thema. Für die zweite Leitung, die ebenfalls durch den Teutoburger Wald führt, muss damit bald wohl umgeplant werden. Für die Netzkosten kann das nur gut sein: Erdkabel verursachen wesentlich höheren Aufwand als Freileitungen. Mit dem Thema haben wir uns ebenfalls vor einiger Zeit im Blog befasst. Ungleichgewichte verstärken sich Die Strukturen zwischen urbanen und ländlichen Räumen verändern sich . Bei allen politischen Bemühungen verstärken sich Gegenbewegungen. So hat jetzt das Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung in Wiesbaden prognostiziert: Der demografische Wandel wird ländliche Regionen sehr viel stärker treffen als Großstädte. Wo heute schon verhältnismäßig viele Senioren leben, werde sich das Ungleichgewicht zwischen Alt und Jung dagegen weiter verschärfen. Man beobachte, dass jüngere Menschen zunehmend Perspektiven für Studium und Beruf in den Großstädten suchen. Der Trend werde sich in den nächsten Jahrzehnten verstärken. Was das Institut nicht registriert hat, aber Zahlen belegen, ist die Zunahme von Menschen aus den Ballungsregionen, die Jagdscheine erwerben wollen. Bleiben wir zum Schluss dieser Wochenkolumne in der Natur. Sie zieht sich im Kalender bei uns langsam nach vorn. Aufspringende Knospen und Blüten faszinieren uns, wenn wir nach draußen gehen. Einen weiteren Beleg für Veränderungen in der Natur liefern neben Meteorologen oder Klimawissenschaftlern Schweizer Forscher. Dank des milden Frühlings erscheinen auch dort die ersten Zugvögel bereits früher als je zuvor. Nach den Beobachtungen in der Schweiz waren die Sommergäste vor einem halben Jahrhundert dort in dieser Zeit noch nicht zu sehen. Auch bei uns sind beispielsweise viele Störche bereits zurück. Auch wenn der notwendige Regen kommen sollte, lohnt es sich gerade in dieser Zeit, rauszugehen und die Natur zu genießen. In diesem Sinne wünsche ich Ihnen ein gutes Wochenende. Ihr Jost Springensguth Redaktionsleitung / Koordination
- Viel Gutes für Menschen im ländlichen Raum
CDU, CSU und SPD blicken in ihrem Koalitionsvertrag wertschätzend auf die Bewohner von Dörfern und Kleinstädten. Auch Land- und Forstwirte können mit den Vereinbarungen zufrieden sein Fotto: BettinaF / pixelio.de Jeder weiß: Wirtschaft und Migration zählen zu den zentralen Themen im Koalitionsvertrag von CDU, CSU und SPD – und nicht der ländliche Raum. Aber es lohnt sich, das 146-Seiten-Dokument „Verantwortung für Deutschland“ mit Blick auf dünn besiedelte Regionen zu durchforsten. Eine Volltextsuche mit dem Stichwort „ländlich“ liefert immerhin 24 Treffer – die meisten davon, wenn wundert’s, im Kapitel „Ländliche Räume, Landwirtschaft, Ernährung und Umwelt“. Dort finden sich wertschätzende, wenngleich unkonkrete Äußerungen: „Die Mehrheit der Menschen in Deutschland lebt in ländlichen Regionen“, bemerken die Koalitionäre. Sie halten attraktive ländliche Räume für wichtig für den gesellschaftlichen Zusammenhalt und die Akzeptanz unserer Demokratie. Dabei denken sie wohl an ostdeutsche Regionen mit hohem AfD-Wähleranteil. Eine flächendeckende Mobilfunkversorgung sehen sie zu Recht als wichtigen Faktor, damit der ländliche Raum attraktiv bleibt. Pendlerpauschale wird 2026 auf 38 Cent ab erstem Kilometer erhöht Die künftigen Regierungsparteien wollen Dörfer der Zukunft als lebens- und liebenswerte Heimat fördern und Leerstand in strukturschwachen Regionen bekämpfen. Für sie ist die Straße ein bedeutender Verkehrsträger und das Auto ein wichtiges Fortbewegungsmittel, besonders im ländlichen Raum. Daher plant die schwarz-rote Koalition, den Führerscheinerwerb bezahlbarer zu machen – ein SPD-Wahlversprechen. Die Pendlerpauschale soll 2026 auf 38 Cent ab dem ersten Kilometer steigen. Viele Bewohner von Dörfern und Kleinstädten mit langen Arbeitswegen werden das begrüßen. Erfreulich konkret äußern sich CDU, CSU und SPD zum Herdenschutz: „Wir nehmen den Wolf umgehend ins Jagdrecht auf und erneuern dabei das Bundesjagdgesetz (BJagdG) punktuell.“ Auch das Bundesnaturschutzgesetz wollen sie ändern, um eine „rechtssichere Entnahme von Wölfen“ zu ermöglichen. Den Vorschlag der EU-Kommission, den Schutzstatus des Wolfes in der europäischen Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie herabzustufen, will die künftige Regierung zügig in nationales Recht umsetzen. Schafhalter und Revierinhaber dürften zustimmen. Agrardiesel-Rückvergütung wird wieder eingeführt Die Koalitionäre betrachten Landwirte und ihre Mitarbeiter als natürlichen Partner im Umwelt-, Klima- und Naturschutz sowie im Tier- und Artenschutz. Land- und Forstwirtschaft verdient in ihren Augen Respekt, Anerkennung und verlässliche Rahmenbedingungen, egal wie groß der Betrieb ist. Das klingt allgemein. Aber Bäuerinnen und Bauern dürften damit zufrieden sein, und noch mehr mit der Zusage, die Agrardiesel-Rückvergütung vollständig wieder einzuführen – ein CDU/CSU-Wahlversprechen. Die Koalitionsparteien bekennen sich zur landwirtschaftlichen Nutztierhaltung und setzen sich für verlässliche Rahmenbedingungen und Planungssicherheit ein. Bei den Ausführungen hierzu fällt auf, dass auf 22 Zeilen gleich viermal das Wort „praxistauglich“ fällt – bei den Regelungen zum Bundes-Immissionsschutzgesetz, Tierhaltungskennzeichnungsgesetz, Tiergesundheitsrecht und der Kontrolle und Kennzeichnung toter Tiere in Verarbeitungsbetrieben tierischer Nebenprodukte. CDU, CSU und SPD wollen zudem den praxistauglichen Einsatz von Drohnen in der Landwirtschaft ermöglichen, etwa beim Pflanzenschutz mit Sprühdrohnen im Weinbau in Steillagen. Die effiziente Anwendung von Pflanzenschutzmitteln gilt als „wichtiges Instrument der landwirtschaftlichen Erzeugung“. Weniger Bürokratie durch Verzicht auf unnötige Doppelmeldungen In der Land- und Forstwirtschaft will die künftige Regierung Bürokratie abbauen, ohne Umwelt- und Klimaschutz zu schwächen. Dies soll durch eine Novellierung des Agrarstatistikgesetzes geschehen. Unnötige Doppelmeldungen und Aufzeichnungspflichten etwa bei der Tierarzneidatenbank sollen wegfallen. Digitale Anträge in der Landwirtschaft möchten die Koalitionsparteien fördern. „Wir stehen zu einer nachhaltigen Waldbewirtschaftung und zur Multifunktionalität des Waldes“, heißt es im Koalitionspapier. CDU, CSU und SPD wollen die Rahmenbedingungen für den Anbau klimaresilienter und artenreicher Mischwälder mit standortgerechten Baumarten verbessern und noch stärker Waldbesitzer unterstützen, die Ökosystemleistungen erbringen. Pragmatisch und ideologiefrei In der Gesundheitspolitik geht es um die Stärkung von Krankenhäusern und Apotheken im ländlichen Raum. Der Koalitionsvertrag bekräftigt das Fremdbesitzverbot bei Apotheken, was den persönlichen Kontakt von Patienten zum Inhaber sichert. Bei der Grund- und Notfallversorgung der Menschen besonders auf dem Land will die künftige Bundesregierung den Ländern Ausnahmen und erweiterte Kooperationen ermöglichen. Fazit: Das schwarz-rote Koalitionspapier ist nicht viel kürzer als das vorherige Dokument der Ampel – aber ideologiefrei. Manche Sätze im Koalitionsvertrag, etwa zum Pflanzenschutz, zu den Landwirten oder zur Verkehrspolitik, lesen sich sogar wie ein bewusstes Gegenprogramm zu den Grünen. Was keineswegs heißt, dass Umwelt- und Klimaschutz vernachlässigt werden. Das aktuelle Papier zeigt: Schwarz-Rot strebt möglichst pragmatische, bürokratiearme Lösungen an und orientiert sich an der Realität. Zahlen werden wegen des Finanzierungsvorbehalts kaum genannt. Doch wer auf dem Land lebt, kann die aufgeführten Ziele nur begrüßen. Jetzt kommt es darauf an, dass die Koalition sie auch umsetzt.
- Zur Mitleidsethik und ihrer Anwendung auf die Jagd
Mit unseren Gegnern haben wir in der Jagd zu reden und darüber, wie sie zu rechtfertigen ist. Zu Argumenten gehören Gegenargumente. Im Blog des Forums Lebendige Jagdkultur haben wir diesen Beitrag gefunden, den wir übernehmen Foto: bimiho Arthur Schopenhauer (* 22. Februar 1788 in Danzig; † 21. September 1860 in Frankfurt am Main) gilt als einer der bedeutendsten Philosophen des 19. Jahrhunderts, dessen Denken stark von Immanuel Kant und der indischen Philosophie beeinflusst wurde. Besonders seine metaphysische Konzeption des Willens und seine Ethik des Mitleids haben weitreichende Implikationen für das Naturverständnis und die moralische Bewertung der Jagd. In dieser Abhandlung wird zunächst Schopenhauers Naturbegriff erörtert, seine Mitleidsethik dargestellt und daraufhin untersucht, welche Konsequenzen diese für die Praxis der Jagd haben. Der Naturbegriff bei Schopenhauer Schopenhauer versteht die Natur nicht als bloßes mechanistisches System, wie es im Rahmen der klassischen Naturwissenschaften betrachtet wurde, sondern als eine Manifestation des metaphysischen Willens. Dieser Wille ist ein blinder, unstillbarer Trieb, der sich in allen Naturerscheinungen ausdrückt. So heißt es in seinem Hauptwerk Die Welt als Wille und Vorstellung (Erster Band, 1819, Zweiter Band s. u. 1844): „ Die Natur ist die sichtbare Erscheinung des Willens zum Leben.“ Dieser Wille zum Leben ist das fundamentale Prinzip, das alles Seiende durchdringt und in der gesamten Natur wirksam ist. Pflanzen, Tiere und Menschen sind verschiedene Stufen der Objektivation dieses Willens. Die Naturgesetze sind demnach nicht einfach zufällige Regelmäßigkeiten, sondern Ausdruck der unbewussten, ziellosen und oft grausamen Triebkräfte des Willens. Da die Natur als Wille auf Selbsterhaltung und Fortpflanzung ausgerichtet ist, geht sie oft rücksichtslos vor. Dies zeigt sich insbesondere im Kampf ums Dasein, in dem sich Stärkere gegen Schwächere durchsetzen. Das Dasein der Natur ist also von einem inhärenten Leiden geprägt. Die Ethik des Mitleids Schopenhauers Ethik fußt auf der Erkenntnis, dass alle Lebewesen Ausdruck desselben metaphysischen Willens sind. Daraus leitet er eine fundamentale moralische Verpflichtung zum Mitleid ab. Er argumentiert, dass das Individuum durch die intuitive Einsicht in die Einheit des Willens auch das Leiden anderer Lebewesen als sein eigenes erkennen kann: „Das Mitleid ist die Grundlage der Moral.“ Diese Einsicht führt zu einer ethischen Haltung, die Gewalt und Leid vermeidet, wann immer es möglich ist. Schopenhauer hebt insbesondere hervor, dass Tiere dieselben Leidensfähigkeiten wie Menschen besitzen und daher moralisch berücksichtigt werden müssen. Daraus folgt eine starke Kritik an jeglicher Form von Tierquälerei, unnötiger Tötung und Ausbeutung. Anwendung auf die Jagd Wenn man Schopenhauers Philosophie auf die Jagd anwendet, ergibt sich eine grundsätzliche Ablehnung dieser Praxis. Da die Jagd nicht nur das Leben von Tieren beendet, sondern auch erhebliches Leid verursacht, steht sie im Widerspruch zu seiner Mitleidsethik. Die Jagd als Ausdruck des blinden Willens Jäger handeln oft aus einem instinktiven, tief verwurzelten Trieb, Beute zu machen. Dies ist aus schopenhauerischer Sicht nichts anderes als eine besonders rohe Form des Willens, die sich in der Natur manifestiert. Doch der Mensch, als vernunftbegabtes Wesen, ist in der Lage, diesen blinden Willen zu überwinden und stattdessen nach moralischen Prinzipien zu handeln. Sport- und Trophäenjagd Besonders verwerflich erscheint Schopenhauer die Jagd aus Vergnügen oder zur Demonstration von Macht. Die Sportjagd ist ein Beispiel für menschliche Grausamkeit und mangelndes Mitleid. In seinen Schriften äußert sich Schopenhauer scharf gegen Tierquälerei und vergleicht Menschen, die Tiere quälen, mit moralisch verwahrlosten Individuen. Jagd zur Nahrungsbeschaffung Eine mögliche Rechtfertigung könnte sein, dass die Jagd zur Nahrungsbeschaffung notwendig ist. In vorindustriellen Gesellschaften mag dies zutreffen, doch Schopenhauer betont, dass der Mensch als moralisches Wesen stets nach der Option mit dem geringsten Leid suchen sollte. In der modernen Welt, in der tierleidfreie Alternativen existieren, wäre die Jagd daher nicht moralisch vertretbar. Die Rolle des Menschen gegenüber der Natur Schopenhauer fordert eine moralische Haltung gegenüber allen Lebewesen. Da der Mensch die Fähigkeit besitzt, Mitleid zu empfinden, sollte er nicht als Zerstörer der Natur auftreten, sondern als Beschützer. Dies bedeutet, dass er, wann immer möglich, auf Gewalt verzichten und einen respektvollen Umgang mit der Natur pflegen sollte. Fazit Schopenhauers Naturphilosophie und Mitleidsethik liefern eine eindeutige Grundlage für die Ablehnung der Jagd. Die Natur wird als blinder Wille verstanden, der zwar Leiden hervorbringt, den der Mensch jedoch durch seine moralischen Einsichten überwinden kann. Da Mitleid das höchste moralische Prinzip ist, ist jede Form der Jagd, die vermeidbares Leid verursacht, ethisch nicht vertretbar. Schopenhauers Philosophie ermutigt den Menschen dazu, sich seiner Verantwortung gegenüber der Natur bewusst zu werden und tierfreundliche Alternativen zu suchen. Quelle: https://www.forum-jagdkultur.de/
- Trumps Zollpolitik führt zu vielen Verlierern – wohl auch auf dem Land
Donald Trumps Zollpaket schreckt Politik und Wirtschaft in Europa auf. Wie wirken sich die Pläne des US-Präsidenten auf den ländlichen Raum in Deutschland aus? Foto: Grok Donald Trump hat sein Versprechen eingelöst: Schon im Wahlkampf kündigte der US-Präsident höhere Zölle an, am „Liberation day“ machte der Republikaner seine Ankündigung des „Goldenen Zeitalters“ für die Vereinigten Staaten konkret. Nun hagelt es Kritik von Politikern und Ökonomen, und die weltweiten Folgen sind noch unklar. Doch was müssen Bauern und Landmaschinenhersteller in der Bundesrepublik befürchten? Deutschland erzielte 2024 mit Exporten landwirtschaftlicher Produkte in die USA 2,5 Milliarden Euro Umsatz. Erstaunlicherweise stand Kaffee mit 335 Millionen Euro laut Statistik des Bundeslandwirtschaftsministeriums an der Spitze. An zweiter Stelle folgen nach den vorläufigen Zahlen Kakao und Kakaoerzeugnisse mit 281 Millionen Euro. Schokolade und andere kakaohaltige Zubereitungen hatten dabei einen Anteil von 93 Prozent – also, wie beim Kaffee, weiterverarbeitete Produkte, die gar nicht in Deutschland angebaut werden. Auf Platz drei führt die Statistik zum Agrar-Export Zucker und Zuckererzeugnisse mit 260 Millionen Euro Umsatz auf. Nur 1,3 Prozent der deutschen Agrarexporte geht in die USA Gemessen an sämtlichen Ausfuhren landwirtschaftlicher Produkte aus der Bundesrepublik entsprachen die 2,5 Milliarden Euro Umsatz nur einem Anteil von 1,3 Prozent; die allermeisten Agrarerzeugnisse exportieren deutsche Landwirte in andere EU-Staaten, nicht in die USA. Daher müssen deutsche Bauern beim Export erfreulicherweise kaum schädliche Auswirkungen durch US-Zölle befürchten. Anders sieht es beim Import aus den Vereinigten Staaten aus. Negativ könnten sich mögliche Gegenreaktionen der EU auswirken, warnte der Deutsche Raiffeisenverband (DRV): „Wenn weniger US-Mais importiert wird, würde dies zu steigenden Preisen führen. Das ist gut für die Landwirte, die Körnermais anbauen, aber schlecht für den Futtersektor“, erklärte der Experte für den Getreidemarkt, Guido Sedler. Attraktiver Markt für Landmaschinenhersteller Generell führt Deutschland mehr Güter in die USA aus, als es von dort einführt. Bei landwirtschaftlichen Produkten verhält es sich jedoch umgekehrt: Hier sind die Importe aus den Vereinigten Staaten, vor allem die Einfuhr von Soja, höher als die Exporte dorthin. Dieses Verhältnis hängt auch damit zusammen, dass die USA ein großes Agrarland sind, in dem 412 Millionen Hektar für landwirtschaftliche Zwecke genutzt werden. Das macht die USA als Markt für deutsche Landmaschinenhersteller attraktiv, denn der Bedarf an leistungsfähigen Maschinen ist hoch. Vor allem im Mittleren Westen, wo sich kilometerweit riesige Getreidefelder aneinanderreihen – und die Republikaner die Mehrheit haben. Zum Beispiel in Nebraska. Der Bundesstaat gilt als Kornkammer, hier wachsen Mais und Sojabohnen. Aus Nebraska bekam der Konzern Claas in Harsewinkel (Kreis Gütersloh) im November hohen Besuch. Der republikanische Gouverneur Jim Pillen führte die Delegation an. In Omaha, der größten Stadt und dem wirtschaftlichen Zentrum Nebraskas, hat Claas eine eigene Produktionsstätte für Mähdrescher. 1999 begann ein Joint Venture mit der US-Firma Caterpillar, die aber 2002 wieder ausgestiegen ist. Claas produziert heute in Omaha Erntemaschinen – und zumindest Ende 2024 sah das Unternehmen in den USA einen Wachstumsmarkt, in den es weiter investieren wollte. „ 99 Prozent unserer Kunden in den USA sind Republikaner“ Ähnlich sieht es das Familienunternehmen Krone mit Sitz im emsländischen Spelle, ebenfalls Hersteller von Erntemaschinen. Auch Krone will das US-Geschäft ausbauen. Während der letzten Präsidentschaft habe Trump dem Geschäft nicht geschadet, sagte Firmenleiter Bernhard Krone der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ im Januar und erklärte: „99 Prozent unserer Kunden in den USA sind Republikaner.“ Am Jahresanfang startete der Landtechniker mit dem Hochlauf seiner Produktion in Memphis (Tennessee). Den Grund nannte Vorstandschef David Frink der „Neuen Osnabrücker Zeitung“: „Die Zeitspanne zwischen dem Zeitpunkt des Bedarfs einer Landmaschine, der Fertigung in Spelle und dem anschließenden Transportprozess in die USA zur Kundeninbetriebnahme ist einfach zu lang. Wir müssen näher am Kunden sein.“ Nach Deutschland sind die USA für Krone der zweitwichtigste Markt. Ausgerechnet Trump selbst verhindert Investitionen in den USA Wie die hiesigen Landtechniker sich auf die neuen Zölle einstellen, ist noch nicht abzusehen. Trump jedenfalls erhofft sich, dass deutsche Firmen nun mehr Fabriken in den USA bauen. Ob das geschieht, ist jedoch fraglich. Denn ein Hemmschuh für Investitionen ist gerade der US-Präsident selbst. Durch sein unberechenbares Vorgehen sorgt der „Dealmaker“ für große Unsicherheit, und generell gilt in der Wirtschaft: Je größer die Unsicherheit, desto mehr verhalten sich Unternehmen bei Investitionen zurückhaltend. Hinzu kommt: Selbst wenn ein deutscher Konzern in den USA produziert, liefert er häufig Maschinenteile von hierzulande an das firmeneigene Werk jenseits des Atlantiks zu. Aber auch darauf erheben die Amerikaner jetzt Zölle. „Am Ende eines Handelskrieges stehen nur Verlierer“, sagte der Generalsekretär des Deutschen Bauernverbandes, Bernhard Krüsken, dem Sender BR24, und diese Aussage teilen zahlreiche Finanz-Experten, Kommentatoren und Politiker. Denn die Wirtschaftsgeschichte zeigt: Abschottung war noch nie eine gute Idee.
- Unsere Wochenkolumne zu Koalitionsgesprächen hinter verschlossenen Türen sowie über Wölfe und Hasen
Liebe Leserin, lieber Leser, alle reden von der Regierungsbildung und gerade auf dem Lande natürlich vom Wetter. So blicken wir diesmal in unserer Kolumne auf eine Woche mit Verhandlungen hinter verschlossenen Türen, politischen Hoffnungen und dem Abschied von einem verhinderten Landwirtschaftsminister zurück. Erste Informationen über mögliche Regelungen im Umgang mit unserer Wolfspopulation lassen weiter emotionale Debatten erwarten. Das Schicksal der Feldhasen beschäftigt uns, nicht weil bald Ostern ist, sondern die bisher nur bei Kaninchen auftretende Myxomatose weitere Ansteckungskreise zieht. Die Koalitionsbildung in Berlin scheint seit Beginn dieser Woche gefühlt auf der Zielgeraden angekommen zu sein. Gleichwohl ist in diesen Tagen wenig bis nichts durch die Türen gedrungen, hinter denen permanent auf Spitzenebene zwischen Friedrich Merz und Lars Klingbeil teils direkt und dann formell mit den weiteren Parteispitzen und in der sogenannten 19er-Runde final weiterverhandelt wird. Erst einmal musste sortiert und gesichtet werden (Redaktionsphase), was zum Abschluss der letzten Woche von den Fachverhandlern in Kompaniestärke in den 17 Fachgruppen vorgefertigt wurde. Da deren Papiere durchgestochen und damit gleich in großer Breite diskutiert wurden, fällt sofort auf, wo man in der ersten Runde noch nicht zusammenfinden konnte: Die Schrift in blau (Union) und rot (SPD) machen die Differenzen für jeden sichtbar . Das war schon eine Menge, was da Anfang der Woche noch strittig auf dem Tisch lag. Inhaltliche Kontroversen bleiben üblicherweise in den Köpfen haften, auch wenn man zusammen regiert. Damit kann man diszipliniert umgehen oder, wie uns die Ampel gezeigt hat, eben nicht. Trotz aller scharfen Auseinandersetzungen und markigen Ankündigungen, die uns aus dem Wahlkampf in Erinnerung sind, haben sich die Spitzen entschlossen, Brücken zu bauen. Und das in eisern vorgenommener Diskretion . Das Wahlergebnis wirkt wie ein Schwitzkasten, denn die Alternative Neuwahlen – übrigens wie in Österreich – kommt weder für Union noch SPD und auch Grüne infrage. Das Damoklesschwert heißt AfD. Auf der anderen Seite der politischen Ränder lauern Linke oder auch BSW, wobei Sahra Wagenknecht noch versucht, über die Verfassungsklage ins Parlament einzuziehen. In dieser Woche wurden wieder erste Umfragen veröffentlicht, wonach die Rechtsaußen angeblich immer weiter wachsen und sich der Union nähern sollen. Jeder weiß: Wenn Union und SPD in der nächsten Legislaturperiode zusammen nicht funktionieren, wird dieses Land instabil. Das will keiner. Wie die mutmaßliche Regierung Merz künftig mit der starken und erwartet scharfen Opposition fertig werden will, steht noch in einem Buch mit leeren Seiten. Sogenannte Tierrechtler bleiben bei ihrer radikalen Linie Die erste Personalentscheidung, die der CSU-Vorsitzende Markus Söder frühzeitig eingetütet hatte, ist inzwischen geplatzt. Eine der wesentlichen Ursachen ist in der Polarisierung zu finden, die kleine und gleichsam radikale Gruppen in den ländlichen Raum tragen und immer wieder Echo erst in den Netzen, dann in den Medien und am Ende in der Politik auslösen. In unserem Blog haben wir bereits über den Rückzug des bayerischen Bauern-Präsidenten Günther Felßner und die Hintergründe berichtet : „Wenn Krawallmacher ihr Ziel erreichen“. Unser Autor Wolfgang Kleideiter hat darin beschrieben, dass dem Aufruf des Kampagnenvereins Campact „Er darf nicht Minister werden!“ eine Aktion auf dem Hof Felßners folgte, die Grenzen überschritt: Selbsternannte Tierrechtsaktivisten drangen dort mit brennenden Bengalos und Pyrotechnik ein und bedrohten die Familie des Landwirts, CSU-Politikers und Verbandsrepräsentanten. Man kann sie als militant bezeichnen. Das fand in dieser Woche eine in Berlin kaum noch beachtete Fortsetzung in München , über die die Süddeutsche Zeitung berichtete. Danach hielt es die Gruppe „Animal Rebellion“ am letzten Samstag für eine gute Idee, zu einer Demo auf dem Münchner Königsplatz aufzurufen – 200 Meter von einer anderen Demo entfernt. Dort solidarisierten sich 800 Menschen mit Günther Felßner. Fünf Tage zuvor hatte die radikale Gruppe vor allem die Frau des kurz vorher noch designierten Bundeslandwirtschaftsministers derart massiv erschreckt, dass sie seitdem in Behandlung ist. Die Süddeutsche weiter: Welchen Schluss ziehe man bei „Animal Rebellion“ daraus? Auf dem Königsplatz habe eine Aktivistin dem Bayerischen Rundfunk gesagt, wenn dies die Folge bei Frau Felßner gewesen sei, tue es ihnen „ausdrücklich leid“. Der Kommentar der Zeitung dazu: „ Wäre es da nicht naheliegend gewesen, die zweihundert Meter ans andere Ende des Platzes zu gehen und Felßner persönlich solche Einsicht zu übermitteln? Über Felßner zu reden fällt ihnen leicht. Mit Felßner zu reden, das schaffen sie nicht.“ Wo die großen Kontroversen ausbleiben Bleiben wir bei dem, was in dieser Woche in Berlin verhandelt wurde. Unter der Überschrift „Ländliche Räume, Landwirtschaft, Ernährung und Umwelt“ ging es für die 16 Vertreter von CDU, CSU und SPD auch um Themen, die bei uns von „natur+mensch“ besonders im Fokus stehen. Unser Autor Frank Polke kam zu der ersten Bewertung , dass es hier zwischen Union und SPD ein hohes Maß an Schnittmengen gebe. Man wolle mehr Planungssicherheit in der verunsicherten Agrarwirtschaft. Die Frage bleibt, ob Söder nach dem Rückzug Felßners weiter darauf besteht, dass der zuständige Minister aus den Reihen der CSU kommen muss. Das Bundesjagdgesetz gehört übrigens auch in diesen Teil der Verhandlungen. Das scheint die zu erwartende Bundesregierung in der nächsten Legislaturperiode dann wirklich anfassen zu wollen, nachdem in der Ampel-Zeit die Novellierung gescheitert ist. Jedenfalls steht im unstrittigen Teil des Berichtes der zitierten Facharbeitsgruppe 11, dass das Bundesjagdgesetz punktuell geändert werden soll. Dabei ist bisher nur eine geplante Maßnahme konkret lesbar: Der Wolf soll bei der angekündigten Novelle umgehend ins Jagdrecht genommen werden. Zuvor ist danach geplant, die von der EU-Kommission eingeleitete Herabstufung des Schutzstatus des Beutegreifers mit bei uns ungebremster Population national umzusetzen. Damit wird diese Diskussion auch auf breiter Ebene wieder aufleben. Wenn ich etwa in einer Tageszeitung lese, mit welchem Aufwand nach angeblich verschwundenen oder verletzt gesichteten Wölfen unter Antrieb des Nabu geradezu gefahndet wird, frage ich mich, ob da noch Bewertungsmaßstäbe stimmen . Der Wolf braucht seine Lebensräume. Das bestreitet auch nicht die Jägerschaft. Andere Wildarten gibt es auch nicht überall. Und was das Tier auf Deichen, Almen oder am Rande von Ballungszentren suchen soll, ist für mich nicht nachvollziehbar. Das schreit angesichts der Ausbreitung in den letzten Jahren nach einer vernünftigen Regelung wie bei anderen Wildarten. Weiter leidvolle Zeiten in vielen Niederwildrevieren Foto. Uwe Bergeest / pixelio.de Bleiben wir noch in den Revieren – beim Niederwild. Dort wird mehr über Probleme wie mangelnde Biotope zur Aufzucht von Bodenbrütern und begrenzte Eingriffsmöglichkeiten darauf abzielender Prädatoren unter Jägerinnen und Jäger geredet. Sie gehen im Rahmen des Möglichen an Lösungsmöglichkeiten. Hinzu kommen immer wieder neue Herausforderungen durch Tierkrankheiten. Im Westen des Landes wurden im Herbst viele Jagden abgesagt, weil die Gefährdung der Hasen durch Myxomatose immer offensichtlicher wurde. In unserem Blog haben wir uns bereits im Oktober damit befasst . Bisher kannten wir die Seuche nur bei Wildkaninchen mit Mortalitätsraten bis zu 90 Prozent. Jetzt liegen erste wissenschaftliche Auswertungen zu den Hasen vor. Nina Meister von der Forschungsstelle für Jagdkunde und Wildschadenverhütung NRW gibt dazu in der Zeitschrift Rheinisch-Westfälischer Jäger eine Prognose. Danach werde sich die Myxomatose beim Feldhasen in Deutschland (und Europa) voraussichtlich weiter ausbreiten und etablieren. In 45 Prozent der NRW-Kreise sei die Krankheit dokumentiert worden. Die Wissenschaftler forschen und hoffen gleichwohl weiter, dass überlebende Hasen von Antikörpern vor erneuter Erkrankung geschützt werden. Das könnten die Langohren sein, die wir wenigstens in den betroffenen Regionen gerade auch beim vorösterlichen Wochenend-Spaziergang beobachten können. Gleichzeitig können wir vielleicht auch das Wetter genießen, was dagegen manchem Land- oder Forstwirt bereits wieder Sorgen macht. Die Natur braucht gerade in dieser Zeit mehr Niederschläge. Da fehlt schon was: Im gerade zu Ende gegangenen März sind in Deutschland durchschnittlich 19 Liter pro Quadratmeter gefallen. Der vieljährige Durchschnitt liegt bei 57 Litern. So etwas hatten wir doch schon vor drei Jahren … So gilt aktuell für dieses Wochenende: Alle reden über die Politik und das Wetter. In diesem Sinne verbleibe ich mit besten Wünschen dazu Ihr Jost Springensguth Redaktionsleitung / Koordination
- Schöne neue Welt im Revier
Für Kritiker ist Jagd oft nur das Töten von Tieren. Aber nicht jedes Töten eines Tieres ist Jagd. Letztere wird daraus erst bei Einhaltung einer Vielzahl geschriebener und ungeschriebener Regeln unserer Waidgerechtigkeit Foto: Rainer Sturm / pixelio.de Diese Grundsätze gehen weit über die vom Staat fixierten Normen und Gesetze hinaus. Dem unbestimmten Rechtsbegriff liegen also ethische und moralische Ansprüche zu Grunde, die sich selbstverständlich im Laufe der Zeit verändern. Sie sind Spiegel ihrer Epoche. So entsprechen mittelalterliche Feudaljagden und Parforcejagden sicher nicht mehr waidmännischen Vorstellungen. Von Bertolt Brecht ist der Satz überliefert „Erst kommt das Fressen, dann die Moral“. Wenn aus dem animalischen Fressen ein menschliches Essen werden soll, geht das nur bei Einhaltung von Regeln jenseits der Befriedigung physischer Grundbedürfnisse. Ebenso unterscheidet sich menschliches Jagen vom Töten tierischer Beutegreifer. Ein den aktuellen Ansprüchen genügender Umgang mit Wildtieren ist Verpflichtung und Herausforderung zugleich. So hat es das 7. Rotwildsymposium der Deutschen Wildtier Stiftung in seinem „Ostsee-Papier“ formuliert. Ethisches Handeln mit Wissen und Erfahrung Einige Regeln sind Selbstverständlichkeiten. Dazu gehört der Verzicht auf den Abschuss von zur Aufzucht notwendigen Elterntieren. Das gilt auch in Phasen starker Wildreduktion. Denn Verstöße gegen den Muttertierschutz verursachen massives Tierleid und gehören konsequent angezeigt. Niemals ist auf die Nachsuche beschossener Wildtiere zu verzichten, wenn sie nicht gleich am Anschuss liegen. Dabei macht es keinen Unterschied, ob es um einen Hasen oder einen Hirsch geht. Die Überhege von Wildarten, um eine hohe Populationsdichte oder starke Trophäen zu erreichen, verbietet sich ebenso wie die Fütterung außerhalb von Notzeiten oder ein unzureichender Abschuss. Solch ein Verhalten ginge zu Lasten anderer Teile des Ökosystems oder beeinträchtigt die legitimen Interessen anderer Gesellschaftsgruppen. Letztlich braucht es für ethisches Handeln ausreichend Wissen und Erfahrung. Deshalb müssen Jäger sich regelmäßig weiterbilden und ihr eigenes praktisches Können zuverlässig einschätzen lernen. Der Hase wird nicht in der Sasse geschossen und der Fasan ausschließlich im Flug. Lassen wir die Frage außen vor, ob das zur Vermeidung von Krankschüssen der Weisheit letzter Schluss ist, so spricht daraus das Postulat, das Wild müsse eine faire Chance haben. Die ergab sich früher nahezu automatisch durch die überlegenen Sinne des Wildes, die der Mensch nicht durch Technik kompensieren konnte. Längst jedoch ist fraglich geworden, war das Postulat in einer Zeit von Digitalisierung und künstlicher Intelligenz (KI) noch wert ist. Noch vor 20 Jahren erwartete der passionierte Schwarzwildjäger ungeduldig den Vollmond und fieberte dem winterlichen Nachtansitz bei Schnee entgegen. Längst jedoch werden die Sauen ganzjährig bejagt und die meisten bei Neumond erlegt. Wildkameras und Nachtsichttechnik machen´s möglich. Auch die weitere technische Entwicklung wird nicht an Reviergrenzen Halt machen. Vielleicht wird sie uns in einigen Jahren auf der Basis erhobener Daten, individueller Identifikationsmöglichkeiten und von Bewegungsprofilen vorhersagen, welches Stück Wild nach Alter und Geschlecht mit wie hoher Wahrscheinlichkeit an welcher Stelle im Revier zu welcher Uhrzeit erlegt werden kann. Die negative Utopie aus Aldous Huxleys 1932 erschienenem Roman „Brave New World“ (Schöne neue Welt) könnte so im Jagdrevier Wirklichkeit werden. So entsteht eine neue jagdliche Normalität, die sich mit Argumenten wie Seuchenprävention und Begrenzung des Klimawandels auch begründen lässt. Sie ist aber weit entfernt vom Jagdbegriff des spanischen Philosophen Ortega y Gasset: „Zwischen Mensch und Tier gibt es eine feste Grenze, wo die Jagd aufhört, Jagd zu sein, und zwar dort, wo der Mensch seiner ungeheuren technischen Überlegenheit über das Tier freien Lauf lässt.“ Vieles spricht dafür, dass sich die Jagd mit zunehmender Rasanz auf die „feste Grenze“ zubewegt. Der Einsatz von Technik macht die Jagd immer effektiver und der Grundsatz „Strecke machen“ beherrscht die Denkrichtung. Wenn der Zweck die Mittel heiligt, kann der Einsatz der Technik kaum noch illegal sein. Längst wird Nachtsichttechnik mit der Begründung des Waldschutzes zur Rehwildbejagung genutzt. Fluch und Segen liegen eng beieinander Wer die Entwicklung kritisch betrachtet, redet damit keinesfalls zwangsläufig der Technikfeindlichkeit das Wort. Die Digitalisierung kann durchaus die Waidgerechtigkeit fördern. Heute werden mehr Rehkitze durch den Einsatz von Drohnen mit Wildkameras vor dem Mähtod gerettet, als das Absuchen der Wiesen mit dem Hund oder andere „analoge“ Methoden dies je vermocht haben. Auch Wärmebild- und Nachtsichttechnik bringt große Vorteile beim Tierschutz. Durch das genaue Ansprechen des Wildes können führende Bachen identifiziert und Fehlabschüsse verhindert werden. Moderne Technik hat also durchaus positive Bereiche. Entscheidend ist der verantwortungsvolle Umgang damit. Nicht das Postulat hehrer Grundsätze ist entscheidend, sondern das Leben des ethischen Selbstverständnisses in der tatsächlichen Jagdpraxis. Stets geht es um Einzelentscheidungen, die dem Jäger niemand abnehmen kann. Die Frage der Selbstbeschränkung muss er angesichts immer größerer Verlockungen und immer niedrigerer Hemmschwellen alleine beantworten. Der damalige baden-württembergische Ehrenlandesjägermeister Dr. Dieter Deuschle hat vor mehr als einem Jahrzehnt gefolgert: „Formell bedeutet dies, Entscheidungen zu treffen, die rechtlich möglich sind, Verpflichtungen zu erfüllen, die nicht immer gesetzlich normiert sind, oder Tätigkeiten zu unterlassen, obwohl sie zugelassen wären.“ Für ihn war deshalb zwingend, dass Jagdausübung nur auf dem Hintergrund des Vorranges der Waidgerechtigkeit erfolgen kann. „Die Beseitigung dieses Grundsatzes würde der Veränderung des Jagens zur Schädlingsbekämpfung hin Vorschub leisten.“
- Was Starkes starten
Startschuss für den Wahlkampf 2026 in Baden-Württemberg: Der 36-jährige Manuel Hagel will als Spitzenkandidat der baden-württembergischen CDU gegen den grünen Kretschmann-Ersatz Cem Özdemir antreten Manuel Hagel (Foto: cdufraktion-bw.de) Es hat niemanden mehr überrascht. Manuel Hagel wird 2026 antreten, um der CDU den von Winfried Kretschmann seit dann 15 Jahren abspenstig gemachten Einzug in die Villa Reitzenstein zu garantieren. Dort sitzt die Staatskanzlei, vor Kretschmanns grüner Regierungszeit viele Jahrzehnte lang das schwarze Zentrum Baden-Württembergs. Aus eigener Anschauung wird sich Hagel an die Zeiten dieser christdemokratischen Selbstverständlichkeit nicht mehr erinnern. Der junge Mann ist gerade mal 36 Jahre alt und war zarte drei Jahre alt, als Erwin Teufel, der letzte Unumstrittene der Südwest-CDU, Ministerpräsident wurde. Teufels Vorgänger Hans Filbinger und Lothar Späth kennt Hagel nur aus dem Buch der Landesgeschichte. Danach folgten Günther Oettinger und Stefan Mappus, dann war Schluss mit Regieren. Jetzt setzt Hagel hörbar auf jene Tugenden, die Teufel wie Späth zu populären und – unbestritten – erfolgreichen Landesvätern gemacht hatten. Auf Bodenständigkeit und Tradition, auf den Fleiß seiner Landsleute und eine Bewahrung der Natur, die Hagel gerne Heimatschutz nennt. Gegen Grüne, die sich unter Kretschmann tief ans konservative Wählerrepertoire rangewanzt haben, gegen Rechtsextreme, die im Ländle seit jeher nicht ohne Achtungserfolge im Trüben zu fischen wissen. Die geschundene CDU hat sich Hagel nicht erst seit gestern untertan gemacht. Die Aussicht, mit ihm an der Spitze die lang vermisste Macht im Land zurückzuerobern, ohne sich weiter als gesichtsloser Strobl-Junior an der Kretschmann-Seite bis in die Bedeutungslosigkeit liebkosen lassen zu müssen, ist so verlockend wie seit langem nicht mehr – und einend. Hagel, verheirateter Vater von drei kleinen Söhnen und beruflich von Hause aus Diplombankwirt im ländlichen Raum, hat obendrein genug getan, um jetzt die Spitzenkandidatur einzufordern. Mehr als Anspruch als Bewerbung. Vom lernfähigen Landtagsabgeordneten zum CDU-Chef Mit 28 war Hagel ein lernfähiger Landtagsabgeordneter, mit 33 Chef einer maroden Landtagsfraktion, mit 35 Vorsitzender einer mutlosen wie streitenden Partei. Nächstes Jahr wird der zielstrebige wie machtbewusste Hagel 38 und wäre damit zwei Jahre jünger als der legendäre Lothar Späth, der bisher mit 40 der jüngste Regierungschef im Südwesten war. Und im März 2026 dann satte 25 Jahre jünger als Winfried Kretschmann, der erst mit 63 seinen Amtseid abgelegt hatte. Es läuft also rund, könnte man zum Voreiligen neigend sagen. Seit einem Jahr hält die CDU die Grünen in Umfragen auf einem Abstand von mindestens zehn Prozent, nicht zuletzt, weil sie sich wieder auf ihre verloren gegangene Stärke im ländlichen Bereich verlassen kann. Auch, weil sich die AfD dort schwertut und keinen halbwegs bekannten Spitzenmann ins Rennen zu schicken weiß. Frauen haben in der AfD ohnehin nichts zu melden. Alles hätte also im Schatten einer taumelnden Berliner Ampel und ohne den abtretenden grünen Endsiebziger Kretschmann für Hagel glatt laufen können – vielleicht sogar mit einer knurrend nach Regierungsbeteiligung hungernden FDP; wenn, ja wenn sich demnächst in der Bundeshauptstadt nicht eine Schuldenwende-Koalition auf den Weg machen muss. Und so wird Hagel seinen eigenen Stil finden müssen, um sich gegen seinen grünen Herausforderer Cem Özdemir durchzusetzen. Einen öko-konservativen 59-Jährigen, der als Europaabgeordneter, Parteichef und Bundesminister unbestritten mehr Lebens- und Regierungserfahrung auf dem Buckel hat. Noch hat Hagel reichlich Zeit, sich im Land bekannter zu machen. Bei der Popularität liegen er und Özdemir hinter dem unerreichbaren Kretschmann ziemlich gleichauf. Alles in allem kein schlechter Ausgangspunkt, um was Starkes zu starten.
- Es wird reibungslos verhandelt
Aktuell laufen die Koalitionsverhandlungen in Berlin. Während es an anderen Stellen knirscht, gibt es beim Thema ländlicher Raum wenig öffentlichen Streit Foto: Kamyq Das genaue Hinsehen lohnt sich. Das gilt besonders für die Arbeitsgruppe elf der in Berlin laufenden Koalitionsverhandlungen. Unter der Überschrift „Ländliche Räume, Landwirtschaft, Ernährung und Umwelt“ verhandeln 16 Vertreter von CDU, CSU und SPD aktuell den Koalitionsvertrag, der die Zukunft der ländlichen Räume wenigstens für die nächsten vier Jahre regeln soll. Dabei geht es natürlich um klassische Themen wie die Nutztierhaltung, die Zukunft der Landwirtschaft und der Jagd, aber auch um das ganz große Thema Abbau der überbordenden Bürokratie. Andere Bereiche, die für die Zukunft der ländlichen Räume ebenfalls wichtig sind wie zum Beispiel der Öffentliche Nahverkehr oder die Versorgung mit Glasfaser, werden allerdings in anderen Arbeitsgruppen verhandelt. Auch wenn bisher sehr wenig aus der Arbeitsgruppe elf an die Öffentlichkeit gedrungen ist, gibt es zwischen Union und SPD ein hohes Maß an Schnittmengen. Beispiel Abbau der Bürokratie: So soll die Stoffstrombilanz offenbar gänzlich entfallen. Diese wurde auf Druck der EU-Kommission 2017 in Deutschland eingeführt und war ein Lieblingskind vor allem des jetzt abgewählten grünen Landwirtschaftsministers Cem Özdemir . Gedacht als gesetzliches Mittel, Nährstoffflüsse in landwirtschaftlichen Betrieben transparent und überprüfbar abzubilden, entwickelte sich diese Stoffstrombilanz zu einem bürokratischen Monster. Nicht nur Landwirtschaftsverbände beklagten, dass es für fast alle Betriebe ohne externe (und damit teure) Beratung unmöglich war, diese Formulare korrekt auszufüllen. „Diese Vorgabe zwingt mich noch länger an den Schreibtisch“, schimpfte ein Landwirt. „Zeit, die ich viel besser in meinem Betrieb und Stall verbracht hätte.“ Die Grünen vermisst keiner Doch nicht nur beim Thema Stoffstrombilanz bzw. dem übergeordneten Projekt Bürokratieabbau vermisst keiner der 16 Verhandler von Union und SPD in Berlin aktuell die Grünen. Ganz im Gegenteil: Hier kann die neue-alte „Groko“ zeigen, dass was geht. So ist man sich offenbar wohl einig darüber, die volle Agrardiesel-Rückvergütung wieder einzuführen. Diese Kürzungspläne hatten für die größten Proteste der Landwirte in den vergangenen 20 Jahren in der Bundesrepublik gesorgt. Nach Meinung von Beobachtern haben diese sehr bilderstarken Proteste ganz erheblich mit dazu beigetragen, dass die Ampel-Koalition im Herbst zerbrochen ist. Mindestlohn ist umstritten Ebenfalls einig sind sich die Verhandler darüber, die Nutztierhaltung in Deutschland zu fördern. Im Gespräch sind 1,5 Milliarden Euro Förderung allein für Betriebe, deren wirtschaftlicher Mittelpunkt die Schweinehaltung ist. Dazu soll ein langfristiger Finanzplan aufgestellt werden, um den durch Turbulenzen auf den Agrarmärkten zusätzlich verunsicherten Landwirten Planungssicherheit im nationalen Rahmen zu gewähren. Auch bei der Umsetzung der Naturwiederherstellungsverordnung und der Nationalen Biodiversitätsstrategie liegen die Positionen nicht weit auseinander – anders als beim Mindestlohn. Hier zeigt sich die SPD nicht kompromissbereit und segelt auf SPD-Linie. Diese setzt sich bisher für ein baldiges Steigen des Mindestlohnes ohne Ausnahme auf 15 Euro ein. Die Verhandlungsführerin der SPD, die Bundestagsabgeordnete Franziska Kersten aus Sachsen-Anhalt, dürfte außerhalb der Kommission „Ländliche Räume“ aber nicht das politische Gewicht auf die Waage bringen, um sich offen gegen den Kurs der Bundes-SPD zu stellen. Auch der einflussreiche Landwirtschaftsminister von Mecklenburg-Vorpommern, Till Backhaus – er amtiert seit 26 Jahren in Schwerin – dürfte dieses Thema gegenüber Klingbeil und Esken nicht „eskalieren“ lassen. Auf der Seite der Unions-Verhandler gelten die beiden Bundestagsabgeordneten Albert Stegemann (Niedersachsen) und Steffen Bilger (Baden-Württemberg) als höchst einflussreich. Stegemann führt im Nebenerwerb selbst einen landwirtschaftlichen Betrieb, gilt als fachkundig und holt regelmäßig im Emsland tolle Erststimm-Ergebnisse. So wurde er nach dem erzwungenen Rückzug des CSU-Kandidaten Georg Felßner mehrfach als möglicher Landwirtschaftsminister gehandelt. Ob allerdings die CSU auf das für sie extrem wichtige Amt auf Bundesebene verzichtet, ist eher ungewiss. Bis es zu dieser Entscheidung kommt, dürfte noch ein wenig Zeit vergehen. Die Arbeitsgruppe elf dürfte ihre Ergebnisse aber dann schon vorgelegt haben.
- Union und SPD müssen rasch Klarheit schaffen
Gedanken, Anmerkungen und Beobachtungen mit dem Blick aufs Land und auf die Bundespolitik Liebe Leserinnen und Leser, in unserem Wochenkommentar befassen wir uns mit den Koalitionsverhandlungen in Berlin, wo sich unter anderem bereits eine punktuelle Änderung des Bundesjagdgesetzes beim Thema Wolf abzeichnet. Auch geht es um die Attacken von radikalen Tierschützern gegen Hof und Familie des von der CSU als Bundeslandwirtschaftsminister vorgeschlagenen bayerischen Bauernpräsidenten Günther Felßner sowie dessen anschließenden Verzicht auf ein Amt in Berlin. Des Weiteren blicken wir ausführlich auf das jetzt beginnende Jagdjahr. Stichworte sind hier unter anderem die Grundsätze deutscher Waidgerechtigkeit, der Einsatz von Drohnen bei der Rettung von Rehkitzen und die Afrikanische Schweinepest. Es wäre gut und verantwortungsvoll, Union und SPD würden sich zügig auf zukunftsweisende Kompromisse für eine Regierungskoalition einigen. Spätestens seit der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts von Mittwoch, den Solidaritätszuschlag nicht zu kippen, sind auch die finanziellen Spielräume weitestgehend klar. Denn wäre die Beschwerde mehrerer FDP-Politiker erfolgreich gewesen, hätte der Staat möglicherweise den Soli der vergangenen Jahre zurückzahlen müssen. Dies wären seit 2020 rund 65 Milliarden Euro gewesen – eine Summe, die für Union und Sozialdemokraten in Sachen Finanzen fast alles wieder über den Haufen geworfen hätte. Dazu wird es nun nicht kommen. Die mutmaßlichen Koalitionäre wissen jetzt, womit sie finanziell agieren dürfen und das Land in wichtigen Bereichen neu aufstellen können – und vor allem auch müssen. Dazu gehört neben Steuersenkungen und vielem anderen auch das Thema Jagd. Dem Vernehmen nach hat man sich dort in einem wichtigen Punkt bereits geeinigt. So heißt es in einem Papier der zuständigen AG 11 Ländliche Räume, Landwirtschaft, Ernährung und Umwelt in Zeile 84 bis 87: „Wir unterstützen den Herdenschutz und setzen den Vorschlag der EU-Kommission zur Herabstufung des Schutzstatus des Wolfes national um. Wir nehmen den Wolf umgehend ins Jagdrecht auf und erneuern dabei das Bundesjagdgesetz punktuell.“ So weit, so gut. Aber den schönen Worten müssen nun auch rasch praktische Ergebnisse folgen, um der Kritik von Naturnutzern vielerorts im ländlichen Raum tatsächlich Rechnung zu tragen. CSU-Politiker verzichtet auf Wechsel nach Berlin Für Deutschland stehen nicht nur außenpolitisch – Stichworte Trump und Putin – heftige Zeiten bevor. Auch innenpolitisch droht sich das Klima gefährlich aufzuheizen. Dies haben jüngst die üblen Attacken von Tierrechtsaktivisten gegen Hof und Familie von Günther Felßner gezeigt – siehe dazu auch den Beitrag unseres Autors Wolfgang Kleideiter: „Wenn Krawallmacher ihr Ziel erreichen“ . Felßner hatte nach den Vorstellungen der CSU neuer Bundeslandwirtschaftsminister werden sollen. Dass der bayerische Bauernpräsident angesichts der physischen Bedrohungen nun das Handtuch wirft und auf einen möglichen Kabinettsposten in Berlin verzichtet, mag menschlich nachvollziehbar sein. Gleichwohl ist dieser Schritt politisch heikel, denn durch ihn haben Politchaoten de facto eine demokratische Wahlentscheidung konterkarieren können . So etwas darf keinesfalls Schule machen. Sonst haben wir bald Zustände, wie sie sich momentan in den USA abzeichnen. Oder anders ausgedrückt: Der Staat muss die Volksvertreter besser – und natürlich auch alle anderen Bürger – konsequent vor gewalttätigen „Weltverbesserern“ schützen. Sonst wird das Wort Demokratie zu einer leeren Hülse. Derweil bereitet man sich überall in den Revieren des ländlichen Raums auf das neue Jagdjahr vor, das am 1. April beginnt. Über 460.000 Jägerinnen und Jäger gibt es mittlerweile bundesweit. Dies ist ein Drittel mehr als vor 30 Jahren, wie der Deutsche Jagdverband kürzlich mitteilte. Unser Autor Christoph Boll wird sich vor diesem Hintergrund in der kommenden Woche in einem Blogbeitrag mit den vielen ungeschriebenen und geschriebenen Regeln der Jagd befassen, kurzum mit den Grundsätzen deutscher Waidgerechtigkeit. Dabei geht es auch um die weitere technische Entwicklung in Zeiten von Digitalisierung und künstlicher Intelligenz, die an den Reviergrenzen nicht haltmachen wird. Vieles davon kann nützlich sein, etwa der Einsatz von Drohnen mit Wildkameras zur Rettung von Rehkitzen vor der Wiesenmahd. Doch bei alledem sollte man sich an den Jagdbegriff des spanischen Philosophen Ortega y Gasset erinnern: „Zwischen Mensch und Tier gibt es eine feste Grenze, wo die Jagd aufhört, Jagd zu sein, und zwar dort, wo der Mensch seiner ungeheuren technischen Überlegenheit über das Tier freien Lauf lässt.“ Jäger mit vielfältigen Aufgaben in der Natur Die Jägerinnen und Jäger haben vielfältige Aufgaben, darunter Schutz der Artenvielfalt, Mithilfe bei der Eindämmung von Tierseuchen und der Reduzierung von Wildschäden. Auch helfen sie gegebenenfalls mit speziell ausgebildeten Hunden bei der Suche nach verletzten Wildtieren. Dazu gehört die Rettung insbesondere von Rehkitzen bei der Wiesenmahd . Wenn im Frühjahr Rehkitze, Junghasen, am Boden brütende Vögel und andere Tiere Schutz im hohen Gras suchen, werden sie immer wieder durch Mähwerke verletzt oder getötet. Aus der Fahrerkabine sind die Wildtiere häufig nicht oder erst zu spät zu sehen. Umso wichtiger ist hier der Einsatz von Drohnen mit Wärmebildtechnik, um die Tiere im hohen Gras zu finden. Auf diese Weise lassen sich Rehkitze zumeist effektiver retten als durch das Absuchen der Wiesen mit dem Hund oder andere traditionelle Methoden. Laut Bundesministerium für Landwirtschaft und Ernährung werden für die Anschaffung von Drohnen zur Tierrettung in diesem Jahr erneut 1,5 Millionen Euro zur Verfügung gestellt. Die entsprechenden Anträge können bis zum 17. Juni 2025 gestellt werden. Antragsberechtigt sind beispielsweise eingetragene Kreisjagdvereine, Jägervereinigungen auf Kreisebene. Auch bei der Bekämpfung der Afrikanischen Schweinepest (ASP) dürfen die so angeschafften Drohnen eingesetzt werden, um nach verendeten Wildschweinen zu suchen. Foto: Paul_Henri Das Thema ASP bleibt weiterhin akut. So ist jetzt bei einem Wildschwein im Landkreis Märkisch-Oderland die Afrikanische Schweinepest nachgewiesen worden. Das Tier sei vor etwa zwei Wochen bei Kienitz erlegt worden, teilte eine Sprecherin der Kreisverwaltung Anfang dieser Woche mit. Eine Tupferprobe habe den Befund ergeben. Zunächst hatte die Märkische Oderzeitung berichtet. Demnach wird innerhalb des Hochrisikokorridors eine Sperrzone II errichtet. Sie umfasst gut zehn Orte oder Teile davon. Der Landkreis hatte sich nach eigenen Angaben jedoch bewusst dagegen entschieden, über den aktuellen Fall zu informieren. Es sei der einzige Fund seit Monaten gewesen, erklärte die Sprecherin laut Märkischer Oderzeitung. Zudem sei das Tier noch vor dem ersten Schutzzaun gegen die Schweinepest aufgefunden worden, direkt an der Grenze zu Polen. „In Polen ist das Vorkommen von ASP-Fällen weiterhin sehr stark“, erläuterte die Sprecherin. Die Wahrscheinlichkeit, dass Wildschweine über die Oder in den Brandenburger Landkreis gelangen, sei hoch. Das Land Brandenburg hatte erst wenige Tage vor dem erneuten Fund Entwarnung gegeben und eine Schweinepest-Sperrzone im Landkreis Oberhavel aufgehoben. Kritische Morgendämmerung Auch für die Nicht-Jäger unter uns wird das Thema Wild in den kommenden Tagen und Wochen immer wichtiger. Denn in den Monaten April und Mai passieren laut Deutschen Jagdverband die meisten Unfälle mit Rehen auf Deutschlands Straßen. Jede Dritte übers Jahr gemeldete Kollision falle in diesen Zeitraum. Besonders kritisch sei der Zeitraum um die Morgendämmerung. Ein Grund hierfür ist laut DJV auch die Zeitumstellung am letzten Sonntag im März. Denn dadurch fällt der Berufsverkehr von einem Tag auf den anderen wieder in die Dämmerung und somit in die Rushhour vieler Wildtiere. Diese suchen nach den oft kargen Wintermonaten wieder verstärkt nach frischem Grün und überqueren dabei häufiger Straßen. Und bei den Rehböcken würden zudem die Hormone verrückt spielen, heißt es beim DJV. Sie würden ihre Reviere gegen Kontrahenten verteidigen oder sich gegebenenfalls eine neue Bleibe suchen. Rehe sind nach den Zahlen des DJV mit 53 Prozent die häufigsten Verkehrsopfer. Danach folgen mit weitem Abstand Hase und Kaninchen sowie noch knapp dahinter Fuchs, Waschbär und Marderhund. Ich wünsche Ihnen ein schönes Wochenende und eine gute, für Sie positive und trotz vermehrter Wildwechsel unfallfreie Woche. Mit den besten Grüßen Ihr Jürgen Wermser Redaktionsleitung/Koordination
- Amüsante Pirsch durch die Jahrtausende
Unser Buchtipp: Die kürzeste Geschichte der deutschen Jagd Wolfgang Lipps hat mit „Die kürzeste Geschichte der deutschen Jagd“ ein Fachbuch vorgelegt, das nicht nur Wissen vermittelt, sondern auch mit humorvollen Seitenhieben und pointierten Beobachtungen gespickt ist. Hier wird Jagdgeschichte nicht als dröge Abfolge von Jahreszahlen und Verordnungen präsentiert, sondern als eine amüsante Pirsch durch die Jahrtausende – mit feiner Ironie und scharfem Blick für Absurditäten. Von mittelalterlichen Herrschern, die mehr mit der Jagd als mit dem Regieren beschäftigt waren, bis zu modernen Waidmännern, die mit Hightech-Ausrüstung auf Pirsch gehen – Lipps spannt den Bogen weit. Überraschenderweise von den Dinosauriern bis hin zu einem ermutigenden Ausblick auf die zukünftige Entwicklung. Dabei trifft er nicht nur ins Schwarze, sondern manchmal auch mitten ins Lachzentrum des Lesers. Seine Anekdoten über skurrile Jagdgesetze und exzentrische Jäger lassen vermuten, dass die größte Beute mancher Jagd nicht das Wild, sondern die Geschichten drumherum sind. So liefert Lipps unter anderem eine überzeugende Erklärung, aus welcher Not heraus die Frühmenschen den aufrechten Gang entwickelten. Die Sprache? Treffsicher. Die Fakten? Fundiert. Der Humor? So trocken wie ein alter Hochsitz, aber mindestens genauso tragfähig. Hier wird nicht mit der groben Ulkkeule gewedelt, sondern das feine Florett mit meisterhafter Präzision geführt. Nicht Klimbim, vielmehr Heinz Erhardt. Wer glaubt, ein Buch über Jagdgeschichte könne nur für passionierte Jäger interessant sein, wird hier eines Besseren belehrt. Das Buch ist kongenial mit zahlreichen Zeichnungen von Ulf-Peter Schwarz garniert. Die Titelzeichnung stammt vom Autor selbst. Eine Fülle von Fußnoten und Verweisen bietet dem geneigten Leser die Möglichkeit, tiefer in die angesprochenen Bereiche vorzudringen. Und da der Autor sich auch technisch auf der Höhe der Zeit bewegt, sind viele Belegstellen digital abrufbar. Fazit: Ein Fachbuch mit Biss, das nicht nur Jagdbegeisterte unterhält, sondern auch Skeptiker in seinen Bann zieht. Waidmannsheil – und viel Vergnügen beim Lesen! Dr. Wolfgang Lipps: Die kürzeste Geschichte der deutschen Jagd Grevesmühlen: cw Nordwest Media Verlagsgesellschaft mbH, 2024 Foto: privat Der Autor des Buches Dr. Wolfgang Lipps – Dr. iur. utr. (Heidelberg), Diplom im Internationalen Recht (jur. Fakultät der Universität Paris). Mitglied der Auditeurs et Anciens Auditeurs der Akademie für Internationales Recht in Den Haag und Postgraduate der London School of Economics. Mitgliedschaften hielt und hält Dr. Lipps u. a. bei: Deutsche Steuerjuristische Gesellschaft, Studienvereinigung Kartellrecht, Deutscher Jagdrechtstag, Forum lebendige Jagdkultur u. a. m. Er ist öffentlich bestellter und vereidigter Dolmetscher für die englische Sprache. Als Geschäftsführer leitet er die JUN:I Institut für Jagd Umwelt und Naturschutz GmbH in Liepe bei Eberswalde. Quelle: https://www.forum-jagdkultur.de/ Unser Gastautor Volker Seifert ist stellvertretender Vorsitzender des Forums lebendiger Jagdkultur e.V.
- Wenn Krawallmacher ihr Ziel erreichen
Günther Felßner war als künftiger Bundeslandwirtschaftsminister gesetzt. Doch ein gesteuerter Protest und der kriminelle Übergriff einer radikalen Tierrechtstruppe verhindern, dass er weiter für das Amt zur Verfügung steht Günther Felßner (Foto: BBV) Markus Söder präsentierte ihn Mitte November überraschend auf einer Pressekonferenz. Günther Felßner, 58 Jahre alt, von Haus aus Landwirt, Präsident des bayerischen Bauernverbandes und Vize-Präsident des Deutschen Bauernverbandes, werde bei einem Erfolg der Union bei der vorgezogenen Bundestagswahl das Agrarressort übernehmen, verkündete der CSU-Chef . Dies sei Beschlusslage im Parteivorstand und gelte genauso für die Spitzenkandidatur von Alexander Dobrindt auf der CSU-Landesliste. Felßners geplante Ernennung sei ein Signal für die Landwirtschaft, den ländlichen Raum und wegen der gemeinsamen Proteste in Berlin auch für den gesamten Mittelstand. Mit ihm werde nach dem Grünen Cem Özdemir wieder ein Praktiker und Mann der Basis das wichtige Landwirtschaftsministerium übernehmen, betonte Söder. Doch durchstarten konnte Günther Felßner nicht. Auch wenn er am Tag der Pressekonferenz für die Zusammenarbeit aller an Land und Landwirtschaft interessierten Kräfte warb, den Bauernverband als „Denkfabrik“ für die Gesellschaft charakterisierte und dazu aufrief, Strategien zu entwickeln, die Klima- und Artenschutz einbeziehen – die Gegenkampagne war nicht mehr stoppen. Zugespitzte Äußerungen des Fachmanns und ein früherer Missstand auf dem Hof wurden genommen, um ihn bei Reizthemen wie Klimawandel und Tierwohl in die Ecke eines tumben Lobbyisten der Agrarindustrie zu stellen. Allen voran die Grünen, die in den Regierungsjahren gezeigt haben, wie zum Beispiel Vetternwirtschaft funktioniert. Erinnert sei an die Affäre Graichen im Wirtschaftsministerium oder die Ernennung der Greenpeace-Geschäftsführerin Morgan zur neuen Sonderbeauftragten für internationale Klimapolitik. Mit dem Kampfruf „Er darf nicht Minister werden!“ startete der Berliner Kampagnenverein Compact e.V. eine Petitions-Aktion gegen Günther Felßner. Ins gleiche Horn stieß das als Anti-AKW-Gruppe gestartete Umweltinstitut München e.V., das schon lange zum Beispiel „100 Prozent Ökolandbau“ will. Krawallmacher versetzen Felßners Familie in Panik Den Höhepunkt erreichte die Protestwelle aber jetzt, als selbst ernannte Tierrechtsaktivisten von „Animal Rebellion“ auf dem Hof von Felßner den Hausfrieden massiv störten und mit brennenden Bengalos und Pyrotechnik auf das Stalldach kletterten. Während der CSU-Politiker in Berlin an den Koalitionsverhandlungen teilnahm, versetzen Krawallmacher seine Familie in Panik. Laut Günther Felßner hatten seine Frau und ein Mitarbeiter während des Vorfalls „Angst um Leib und Leben“. Wer die Bilder der Vermummten sieht, kann dies gut nachvollziehen. In einer Presseerklärung sagte Felßner, er sei ein Mann des Dialogs und sehe sich als Brückenbauer. Auch für den Austausch mit Andersdenkenden stehe er immer bereit. Nur gehört „Animal Rebellion“ zweifellos nicht zu den Gruppierungen, die auf einen Gedankenaustausch großen Wert legen. Wer sich auf der inzwischen nur noch nach Voranmeldung erreichbaren Homepage der „Aktivisten“ informiert, findet festgezurrte fundamentale und höchst fragwürdige Positionen. Die Gruppe sieht sich als „antispeziesistische Bewegung“ – sprich: Sie setzt Mensch und Tier in ihren Rechten und ihrer Freiheit gleich. Ultimativ wird ein rein pflanzenbasiertes Ernährungssystem gefordert. Erreichen will man dies in erster Linie mit Störaktionen. Mit der kurzzeitigen Besetzung des Hofes hat dieser Polit-Mob allerdings eine Linie überschritten. Aktionen wie diese treffen die Demokratie im Kern, denn sie setzen Repräsentanten auf eine persönliche und völlig unzulässige Art unter Druck. Dass Günther Felßner eine Ernennung zum Agrarminister nunmehr ablehnt, ist ein Alarmsignal. Krawall- und Angstmacher, Hassprediger und Hetzer dürfen nicht darüber entscheiden, wer in diesem Land nach einer demokratischen Wahl Verantwortung trägt.